Archiv für den Monat: Mai 2017

„700 Seiten Kritik an Praxis der Inklusion“

Inklusion vor der Wende

Lange Zeit waren die kritischen Stimmen zur Integration behinderter Schüler kaum zu hören, nun stellt sich der Praxisschock ein.

Frankfurter Allgemeine Zeitung, Bildungswelten, 18. 05. 2017, von Hansgünter Lang
Der Autor ist Jurist und war jahrelang Staatssekretär im saarländischen Kultusministerium.

Die Protagonisten [der inklusiven Schule] brauchten nur das Wort „UN-Behindertenrechtskonvention“ auszusprechen – und unbequeme Fragen zu Sinnhaftigkeit und Rechtmäßigkeit dieses bildungspolitischen Großprojekts wurden gar nicht erst gestellt.

Doch jetzt bahnt sich im öffentlichen Diskurs eine Wende an. Sie beruht auf einem Praxisschock, der gleich von zwei Seiten kommt. Die Eltern der behinderten Kinder erleben, wie eine Förderschule nach der anderen aufgelöst wird. Gleichzeitig hat sich der Blick der Öffentlichkeit dafür geschärft, wie schwierig Inklusion in den meisten Fällen ist: schließlich gilt es den Lernbehinderten, geistig Behinderten und Verhaltensauffälligen gerecht zu werden. Die Sensibilisierung hat etwas damit zu tun, dass die Lehrkräfte der Regelschulen neuerdings vor eine weitere Aufgabe gestellt sind. Sie müssen jetzt auch noch zahlreiche Flüchtlings- und Migrantenkinder ohne Deutschkenntnisse unterrichten und erziehen. Jetzt hört man den überforderten Lehrkräften endlich zu, wenn sie fragen: „Was sollen wir eigentlich noch alles leisten?“ […]

Das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht bekräftigt unter Hinweis auf das „Wohl des einzelnen Kindes und seine Förderung“, dass bei inklusiver Unterrichtung „die Förderung allerdings den bisher erreichten Standard der Förderschulpädagogik nicht unterschreiten darf“. Doch sind Kultusminister auf diesem Ohr taub. Sie wissen, dass sie das erforderliche pädagogische Personal aus finanziellen Gründen nicht bereitstellen können – heute nicht und übermorgen nicht. Lieber reden sie von einer Verbesserung der Lehrerbildung und von Lehrerfortbildung für Regelschullehrer. So soll jeder Lehrer befähigt werden, Unmögliches zu leisten. Wer – wie der Verfasser dieser Zeilen – 33 Jahre in einem Kultusministerium gearbeitet hat, ist mit den Reflexen von Kultusministern vertraut. Wenn sich bei ambitionierten Großprojekten die pädagogische Innovation aus strukturell-immanenten Gründen oder wegen Fehlens der erforderlichen Rahmenbedingungen an der Wirklichkeit stößt, dann soll es die „Verbesserung der Lehrerbildung“ richten – ein realitätsfernes Lösungsversprechen.

Denn der Kern des Problems ist die fehlende Zeit für den einzelnen behinderten Schüler. Die Förderung Lernbehinderter und geistig Behinderter ist zeitintensiv. Gleiches gilt für die Verhaltensauffälligen mit ihren inneren Nöten, auf die der Lehrer geduldig eingehen muss. Selbst ein Lehrer mit förmlicher Doppelqualifikation als Grundschullehrer und Förderschullehrer ist damit in der Regelschule überfordert. […]

Doch wie soll das an der Regelschule bei einem lernbehinderten, geistig behinderten oder verhaltensauffälligen Kind mit einer personellen „Zusatzausstattung“ gelingen, die allenfalls symbolischen Charakter hat? Ohne Qualitätssicherung der inklusiven Schule wird die Aktivierung des Teilhaberechts für das behinderte Kind zur Diskriminierung.

Wie haben es die Wortführer der inklusiven Schule geschafft, dass diese Verhältnisse lange Zeit im öffentlichen Diskurs ignoriert wurden? Man hantiert zum Beispiel mit mehr als fragwürdigen ländervergleichenden Statistiken, um sich erfolgreiche Inklusionspraxis zu bescheinigen. Doch wird der „Erfolg“ ausschließlich an der Steigerung der Fallzahlen und an der Inklusionsquote festgemacht. Die traurige pädagogische Wirklichkeit, die sich in vielen Fällen dahinter verbirgt, kommt in solchen Rankings nicht vor. Auch scheint den Akteuren an Transparenz nicht gelegen zu sein. […]

Nach Artikel 24 Absatz 2 der UN-Behindertenrechtskonvention dürfen Menschen mit Behinderungen nicht aufgrund von Behinderung vom allgemeinen Bildungssystem ausgeschlossen werden. Das bedeutet jedoch kein Verbot von Förderschulen. Ein solches Auslegungsergebnis folgt weder aus dem Wortlaut noch aus der Entstehungsgeschichte noch aus der Zielsetzung der Konvention. Das ist, soweit ersichtlich, auf juristischer Seite bisher nicht infrage gestellt worden. […]

Mit diesem Streitgegenstand wäre gleichzeitig die Grundsatzfrage thematisiert, nämlich die Legitimität differenzierter Strukturen im Bildungswesen. Um diese Grundsatzfrage geht es auch dort, wo sie als originelle Anregung zur Schulentwicklung daher kommt. So wird bekanntlich von interessierter Seite gefordert, auch geistig Behinderten Zugang zum Gymnasium zu ermöglichen. […]

Es wäre ein Fehler, solche Vorstellungen als Stück aus dem Tollhaus abzutun. Denn die inklusive Schule soll bekanntlich den „förderlichen Umgang mit Heterogenität“ ermöglichen. Liegt da nicht „eine Schule für alle“ ganz nahe? Der Versuch, die Frage der Organisation sonderpädagogischer Förderung für weit darüber hinaus reichende Zwecke zu instrumentalisieren, ist nicht zu übersehen.


700 Seiten Kritik an Praxis der Inklusion

Saarbrücker Zeitung, 9.5.2017, von Ute Kirch
Der Ex-Bildungsstaatssekretär Hansgünter Lang hat eine umfassende Dissertation über die Inklusion im Saarland geschrieben. Bei der Umsetzung sieht er gravierende Probleme. [Lang, Hansgünter, Das Bildungsangebot für Behinderte, 2017, 16 Tab., 696 S.]

Seine Aussagen sind:

„Die Erziehungswissenschaft ist einhellig der Auffassung, dass bei lernbehinderten, geistig behinderten und verhaltensauffälligen Schülern – und das sind über 90 Prozent der Schüler, um die es hier geht – durchgehend zwei Pädagogen in der Regelklasse unterrichten müssen“. Und zwar „an jedem Unterrichtstag und Stunde für Stunde“. Doch die Politik richte sich nicht danach.

„Der Regelschullehrer ist die meiste Zeit auf sich gestellt und damit systematisch überfordert“.

„Ob die Integration ein Erfolg ist, wurde an den Fallzahlen abgelesen, die Frage nach der pädagogischen Qualität und Wirksamkeit wurde nicht gestellt“.

„Die UN-Behindertenkonvention enthält keine Aussagen zur Gliederung des Schulwesens und auch kein Verbot von Förderschulen“. Er widerspricht somit Aussagen von Förderschul-Gegnern, die behaupten, die Konvention lehne Doppelstrukturen ab. „Ein solches Verbot wäre, da die UN-Behindertenrechtskonvention nur den Rang eines einfachen Gesetzes hat, mit dem Grundgesetz nicht vereinbar.“

„Viele Eltern sind beeindruckt von den Versprechungen, die man ihnen und ihren Kindern bei Unterrichtung an Regelschulen macht. Aber über die tatsächlichen Verhältnisse und Zustände der Inklusion sind sie offenbar nicht in vollem Umfang unterrichtet“. Hansgünter Lang befürchtet, dass durch die sinkende Zahl der Förderschulen die verbleibenden Schulen für viele Schüler nicht mehr in zumutbarer Entfernung erreichbar sind, denn: „Förderschulen werden systematisch ausgetrocknet“.

Weiter führt er aus: „Die Inklusion behinderter Kinder wird instrumentalisiert, um das politische Ziel nach ‚einer Schule für alle‘ durchzusetzen“.

Zum Artikel:   https://www.saarbruecker-zeitung.de/saarland/saarland/700-seiten-kritik-an-praxis-der-inklusion_aid-1925628

Hansgünter Lang arbeitete 24 Jahre in der Abteilung Allgemeinbildende Schulen des Saarlandes, wo er als Leiter des Schulrechtsreferates u.a. für Normgebung zuständig war. Von 1977 bis zu seiner Ernennung zum Staatssekretär im Jahr 1999 gehörte Hansgünter Lang als Vertreter des Saarlandes dem Unterausschuss Schulrecht der Kultusministerkonferenz an. Dort war er mehrfach Berichterstatter zu Rechtsfragen des Bildungsangebots für Behinderte.

„Alter Wolf im neuen Schafspelz?“

Die soziale Kluft an Berliner Schulen bleibt groß

Die im Mai erschienene Studie von Marcel Helbig (Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung) und Rita Nikolai (Humboldt-Universität) untersucht erstmals wie sich die soziale Zusammensetzung der Schülerinnen und Schüler an den Berliner Sekundarschulen im Zuge der Schulstrukturreform von 2010/11 verändert hat und welche Schulstrukturmerkmale soziale Ungleichheiten beeinflussen. Die Forscher nutzten Daten der Berliner Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie zur Anzahl von Schülerinnen und Schülern mit Lernmittelbefreiung [Lmb] an allen Berliner Schulen für die Schuljahre 2007/8 bis 2016/17. Die Lernmittelbefreiung gilt als Indikator für Einkommensarmut. Dabei ist zu berücksichtigen, dass Lmb nicht gleich bildungsfern bedeutet, vielmehr ist es ein Indikator für „schwierige sozioökonomische Verhältnisse“. Sie ist bisher die einzige Datenquelle, mit deren Hilfe die soziale Zusammensetzung der Schülerschaft für einzelne Schulen abgebildet werden kann.

Das Fazit der Studie ist:

  • Die Schulreform von 2010/11 hat die Zusammenhänge zwischen schulstrukturellen Merkmalen und dem Anteil von Schülerinnen und Schülern mit Lehrmittelbefreiung bislang nicht und wenn, dann nicht in die gewünschte Richtung beeinflusst. (S. 27)
  • Ob mit der Schulstrukturreform langfristig auch eine pädagogische Veränderung einhergeht und mehr Schüler aus sozial benachteiligten Schichten zu einer höheren Bildung herangeführt werden können, ist noch eine offene Forschungsfrage. (S. 29)
  • Das neue Berliner Schulsystem hat in Bezug auf die soziale Durchmischung fünf Jahre nach der Reform noch zu keiner wesentlichen Veränderung geführt und das alte Schulsystem wird mit Blick auf die soziale Durchmischung unter einem neuen Namen fortgeführt. (S. 29)
  • Für die Berliner Schulstrukturreform ist festzustellen, dass die nicht-armen Schichten […] sich schon vor der Schulreform auf bestimmte Schulen separiert [haben], zum anderen ist die Strukturreform von 2010/11 die Beibehaltung der sozialen Strukturen der vorherigen Schullandschaft in einer neuen Verpackung. (S. 31)
  • Die Studie hält weiter fest: Inwieweit sich die soziale Zusammensetzung im Kontext von Schulstrukturreformen in Bremen, Hamburg, Schleswig-Holstein und Saarland verändert, die ebenfalls formal an allen Schulen ihres zweigliedrigen Schulsystems die Erlangung der Hochschulreife ermöglichen, ist eine noch offene Forschungsfrage. (S. 31)

aus:  Marcel Helbig, Rita Nikolai, Alter Wolf im neuen Schafspelz? Die Persistenz sozialer Ungleichheiten im Berliner Schulsystem, Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung (5. 2017)

Beim genauen Betrachten der parteipolitischen Interessen und der bildungspolitischen Aktivitäten bleibt nur der Schluss: Es wird auf Kosten ganzer Schülerjahrgänge auf Anweisung der Kultusbehörden experimentiert. Die Schulstruktur hat auf das Verändern des Leistungsniveaus von Schülerinnen und Schülern nur eine nachrangige Bedeutung, ausschlaggebend sind jedoch „lernprozessnähere Aspekte wie die Unterrichtsqualität“. (John Hattie, Lernen sichtbar machen, 2013. Eine praxisnahe Aufarbeitung der Unterrichtsforschung liefern: Michael Felten, Elsbeth Stern: Lernwirksam unterrichten, 2012/2014) (Schulforum-Berlin)

Die BERLIN-Studie des Deutschen Instituts für pädagogische Forschung (DIPF) hatte ebenfalls anhand der Lernerfolge der Schüler belegt, dass die Sekundarschulreform in Berlin nicht die erwünschten Effekte hat (siehe nachfolgener Beitrag!).

„Wird aus Wasser Wein, wenn man der Flasche ein anderes Etikett verpasst?“

Das zweigliedrige Berliner Sekundarschulsystem auf dem Prüfstand

Kommentierungen einiger – im Grunde bereits für sich selbst sprechender – Ergebnisse


Ein Beitrag des Arbeitskreises Gute Schule Berlin[1]

Im Folgenden haben wir Ergebnisse zusammengestellt, die Sie interessieren werden. Sie sind u.a. der BERLIN-Studie[2] zu entnehmen – diese wurden von der Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie schlichtweg übergangen! Wir möchten sie Ihnen nicht vorenthalten. Unsere wichtigste Quelle ist: das „Zusammenfassende Abschlusskapitel aus dem zweiten Ergebnisbericht zur BERLIN-Studie“.

Ziele der Strukturreform
Das Land Berlin hat die allgemeinbildende Sekundarstufe I vor sechs Jahren von einem fünfgliedrigen auf ein zweigliedriges System umgestellt. An die Stelle der bis dahin nichtgymnasialen Schulformen – Hauptschule, Realschule, verbundene Haupt- und Realschule und Gesamtschule – trat die neu geschaffene Integrierte Sekundarschule (ISS).[3]

Die Bildungssenatorin meinte durch die Schulstrukturreform folgende Ziele erreichen zu können:

  1. Alle Kinder und Jugendlichen sollen zu höchstmöglichen schulischen Erfolgen und die übergroße Mehrheit zum mittleren Schulabschluss am Ende der 10. Jahrgangsstufe geführt werden.
  2. Der Anteil der Schülerinnen und Schüler, der die Schule ohne Abschluss verlässt, soll sich deutlich verringern.
  3. Die Abhängigkeit des Bildungserfolgs von der sozialen und ethnischen Herkunft soll deutlich reduziert werden.
  4. Mittel- bis langfristig (innerhalb der nächsten zehn Jahre) soll die Abiturientenquote deutlich erhöht werden. (S. 470)

Das Abgeordnetenhaus hat vereinbart, die Auswirkungen der Schulstrukturreform wissenschaftlich begleiten und evaluieren zu lassen. Die wissenschaftliche Untersuchung wurde von Prof. Dr. Jürgen Baumert (Max-Planck-Institut für Bildungsforschung, Berlin) mit zwei weiteren Instituten der pädagogischen Forschung durchgeführt[4]. Finanziert wird die Studie durch Zuwendungen des Landes Berlin und der Jacobs Foundation in Zürich sowie durch Aufwendungen der beteiligten Institute. (S. 470)


Wird aus Wasser Wein, wenn man der Flasche ein anderes Etikett verpasst?[5]
oder
Ändern Strukturen Lebenswelten – und was sagt die Begleitstudie tatsächlich?


Aussage zur 2. Zielsetzung:
Die zentrale Zielgruppe der Berliner Schulstrukturreform, nämlich die Schülerinnen und Schüler ohne Schulabschluss, konnte nicht [sic!] untersucht werden. Diese Jugendlichen sind potentiell von der Exklusion an gesellschaftlicher Teilhabe bedroht. (S. 481)

In der Studie werden hierzu bisher keine weiteren Feststellungen gemacht, jedoch zeigt der Blick in die Presse, wie es um die Quote der abgehenden Schüler und Schülerinnen von unseren Schulen diesbezüglich steht:

Fast jeder neunte Berliner Jugendliche hat im Schuljahr 2014/2015 die Schule ohne Berufsbildungsreife, also ohne Hauptschulabschluss, verlassen. Das geht aus einer Erhebung der Senatsbildungsverwaltung hervor. Die Bilanz wird danach von Jahr zu Jahr schlechter: Für das vergangene Schuljahr lag die Quote bei 10,9 Prozent, im Unterrichtsjahr 2013/2014 hatten 9,2 Prozent ihre Schullaufbahn ohne Abschluss beendet. Auch dieser Wert lag deutlich über dem der beiden Vorjahre mit 7,9 beziehungsweise 7,4 Prozent. Bundesweit wird die Quote mit rund sechs Prozent angegeben.[6]

Aussage zur 3. Zielsetzung:
Die Abhängigkeit des Bildungserfolgs von der sozialen und ethnischen Herkunft deutlich zu reduzieren, konnte nicht ansatzweise erreicht werden.

In der Studie wird von der Gruppe mit „multiplem Bildungsrisiko“ gesprochen, in der sich Jugendliche aus zugewanderten (75 %), bildungsfernen und sozial schwachen Familien sammelten. An der Sozialstruktur der Risikogruppe habe sich durch die Schulstrukturreform jedoch nichts geändert. (S. 481)

In diesem Zusammenhang werden ursächlich „belastete Schulstandorte“ genannt, diese sollten jedoch durch das Schaffen der ISS reduziert werden; „Lernumwelten“ würden angeglichen werden, so war die Hoffnung, insbesondere leistungsschwächere Schülerinnen und Schüler würden profitieren. (S. 477)

Durch die Zusammenlegung von Schulen oder durch die Auflösung von Schulen konnte die Häufung von „lernbeeinträchtigenden Merkmalen“ wie sie an Haupt-, Real- und Gesamtschulen zu beobachten waren, nicht behoben werden.

Keine der intendierten Veränderungen konnte festgestellt werden, im Gegenteil: Das Muster der vorherigen Schulformgliederung in der Zusammensetzung der Schülerschaft mit ihrer Herkunft und mit ihren Leistungsvoraussetzungen ist auch an den ISS weiterhin klar zu erkennen, die soziale und ethnische Entmischung konnte also nicht verringert werden.[7] (S. 474) Auch blieben die Motivation und das schulische Wohlbefinden der Schülerinnen und Schüler weitgehend unverändert. (S. 480)

Ein nicht von der Hand zu weisender Erklärungsansatz ist hier, dass Bildungsarmut in erster Linie das Ergebnis einer schon in der Grundschule kritischen Schulkarriere ist. Die Grundstruktur der Risikofaktoren habe sich als Folge der Schulstrukturreform und ihrer Begleitmaßnahmen nicht verändert. (S. 482) Festgestellt wurde: „Kompetenzarmut“ ist nach wie vor eine der größten Herausforderungen des Berliner Schulsystems. (S. 483) Gravierend und das Problem verschlimmernd in diesem Kontext ist folgende Meldung:

 In Berlin verschärft sich […] der Mangel an Grundschulpädagogen massiv. Knapp 1000 [der] für das Jahr 2016 zu besetzenden Stellen stehen nur 175 vollständig ausgebildete Referendare gegenüber. Dies teilte die Bildungsverwaltung auf Anfrage mit. Der Mangel war seit langem absehbar.[8]

Bei den verglichenen Leistungen (fachliche und kognitive Grundfähigkeiten) wurden deutliche Unterschiede zwischen den leistungsschwachen und leistungsstarken Schülern festgestellt. Der Blick auf die Leistungsstarken zeigt, dass sich zu den individuellen Ressourcen auch noch ein familiales Unterstützungssystem gesellt, das den weiteren Bildungsweg dieser Jugendlichen positiv beeinflusse. (S. 485)

Aussage zur 4. Zielsetzung:
Die deutliche Erhöhung der Oberstufenzugangsberechtigung sowie die Steigerung der Abiturientenquote gehen nachweislich nur mit einer Minimierung der Leistungsanforderungen einher.

Der Anteil der Schülerinnen und Schüler, die von der ISS in die gymnasiale Oberstufe übergehen, hat im Zeitraum der Untersuchung eine Steigerung von 24 auf 41 % erfahren. Allerdings habe sich gleichzeitig das mittlere Leistungsniveau der Schülerinnen und Schüler an der ISS kaum verändert. [!] (S. 486) Die Befunde gäben durchaus Anlass zu der Annahme, dass die Vergabe der Übergangsberechtigung nur sehr eingeschränkt mit dem erforderlichen Leistungsniveau zum erfolgreichen Durchlaufen der Oberstufe einhergehe. Das Erreichen hinreichender Leistungsstandards scheint somit im Zuge der Öffnung von Bildungswegen im vorliegenden Fall zumindest in Teilen fraglich.[9] (S. 487)

Resümierend wird in der Studie konstatiert, dass Maßnahmen zur Sicherstellung hinreichender Leistungsstandards und vergleichbarer Bewertungsmaßstäbe beim Erwerb der Oberstufenzugangsberechtigung somit zu den drängendsten Aufgaben und Herausforderungen im neu strukturierten Berliner Sekundarschulwesen zählen. (S. 488) Diese werden hoffentlich nicht nur im Bereich des erneuten „Messen und Wägens“ ersonnen und abgespult.

Noch einmal sei in Erinnerung gerufen, das Ziel war, den Bildungserfolg von der sozialen und ethnischen Herkunft deutlich unabhängiger zu machen: Trotz des starken generellen Anstiegs der (auf dem Zeugnis vermerkten) Oberstufenzugangsberechtigung ist von einer Entkopplung von der Bildungsherkunft (auch hier) nicht die Rede. (S. 489)

Insgesamt betrachtet, so wird in der Studie festgehalten, trat keine nennenswerte Verschiebung in den sozialen und migrationsbezogenen Disparitätsmustern und dem generellen Anstieg der Abituraspirationen auf. (S. 491) So verwundert es auch nicht – die Studie macht es deutlich – der Schulformwechsel (vom Gymnasium zurück zur ISS) ist vor allem ein Phänomen der Schülerschaft mit Migrationshintergrund (78%). (S. 495)

Nach wie vor zeigten Schülerinnen und Schüler mit Migrationshintergrund geringere Kompetenzen, besuchten seltener Gymnasien, strebten insgesamt betrachtet seltener das Abitur an und gehörten häufiger zur „Risikogruppe“ derjenigen Schülerinnen und Schüler, die ein Mindestniveau an Basiskompetenzen, was für einen erfolgreichen Übergang in die berufliche Erstausbildung nötig ist, nicht erreichten. (S. 491)

Das, was an Ergebnissen bis hierhin zusammengetragen wurde, lässt vor allem abschließende Folgerungen zu – auch diese sind der BERLIN-Studie entnommen!

Die Befunde bestätigten die These, dass die Schulstruktur auf das Verändern des Leistungsniveaus von Schülerinnen und Schülern nur eine nachrangige Bedeutung hat, jedoch „lernprozessnähere Aspekte wie die Unterrichtsqualität“ ausschlaggebend sind (z.B. Hattie, 2009)[10]. (S. 498)

Die Schulstrukturreform könne (bisher) noch keinen verbesserten – fördernden und fordernden – Unterricht und ebenso wenig die optimale Gestaltung und Nutzung des Ganztagsbetriebs garantieren. (S. 498)

Zur Sicherung eines Anforderungsniveaus in den Erweiterungskursen der ISS, das auf den Übergang in die gymnasiale Oberstufe vorbereite, bedürfe es eines ausreichenden Einsatzes von Lehrkräften mit Lehrbefähigung für die Sekundarstufe II und mit Oberstufenerfahrung. (S. 498)

Die Herausforderungen der Optimierung der Entwicklungsprozesse lägen in der pädagogischen Arbeit der Schulen und der fachlichen Qualifikation des Personals.[11] (S. 499)

Was bleibt nach eingehender Prüfung der Ergebnisse der BERLIN-Studie und den Aussagen in der Pressemitteilung der Bildungssenatorin Sandra Scheeres (SPD) übrig von den „zahlreichen positiven Entwicklungen“ der neuen Schulstruktur und der Feststellung: „Die Berliner Schule ist für kommende Herausforderungen gewappnet“?[12]

  • Eine große Anzahl Berliner Jugendlicher ist nach wie vor jährlich ohne Schulabschluss. Fast jeder neunte Berliner Jugendliche hat im Schuljahr 2014/2015 die Schule ohne Berufsbildungsreife, also ohne Hauptschulabschluss, verlassen. Die Bilanz wird von Jahr zu Jahr schlechter.[13]
  • Im Leistungsstand der Risikogruppe zeigt sich ein Rückstand um mehrere Schuljahre. An diesem Kompetenzdefizit hat sich mit der Schulstrukturreform nichts geändert. Kompetenzarmut ist nach wie vor eine der größten Herausforderungen des Berliner Schulsystems. (S. 481-483)
  • Der Anteil des „fachfremd“ erteilten Unterrichts dürfte an vielen Schulen bei über 50 Prozent liegen. Dies bedeutet, dass viele Schüler etwa in Mathematik nur maximal in vier von zehn Schuljahren von Fachlehrern unterrichtet werden. Immer mehr Lehrer sind ohne pädagogische Ausbildung![14]
  • Bereits bis 2018 werden in Berlin rund 22.000 zusätzliche Schulplätze benötigt. Bis 2020/21 wird mit 40.000 zusätzlichen Schülern gerechnet.[15]
  • Bei der Einstellungsrunde Februar 2017 haben von 1037 Lehramtsabsolventen, die sich für ein Referendariat in Berlin beworben und eine Zusage erhalten haben, 484 Bewerber (47 Prozent) abgesagt.[16]
  • In Berlin müssen in den kommenden sieben Jahren 16.000 ausgebildete Pädagogen eingestellt werden.[17]

Bildungsgerechtigkeit und Chancengleichheit sind eben nicht mit Gleichheit im Ergebnis (Senkung des Leistungsniveaus) und Gleichheit der Schulstruktur („Eine Schule für alle“) gleichzusetzen, vielmehr braucht es im Bildungsprozess Verlässlichkeit, Berechenbarkeit, Kontinuität und stetige Qualitätsverbesserung durch ausgebildete Lehrkräfte im Unterricht.

Die Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie täte gut daran, alle erdenklichen Ressourcen in eine solide Lehrerausbildung zu stecken, darüber hinaus müssen die Rahmenbedingungen für Einstellungen so gestaltet werden, dass der Lehrerberuf wieder attraktiv wird. Nicht zuletzt muss in eine hochqualitative, forschungsbasierte Lehrerschulung investiert werden; erforderlich wäre hierbei auch die Rehabilitierung von lehrergelenktem, differenzierendem und feedbackreichem Klassenunterricht. Der Lehrerberuf muss wieder die gesellschaftliche Anerkennung erhalten, die ihm zukommt.

Ist das durch die politischen Vorgaben und die realen Bedingungen gegeben? Entscheiden Sie selbst!

Der obige Beitrag steht ihnen auch als PDF-Datei zur Verfügung:
2017.12.22_Kurzfassung_BERLIN-Studie


[1] ausgearbeitet für www.schulforum-berlin.de, auf der Grundlage eines bereits am 30.03. 2017 erschienenen Beitrags.
Zum Arbeitskreis Gute Schule Berlin haben sich Lehrerinnen und Lehrer verschiedener Bildungseinrichtungen sowie Eltern aus Berlin zusammengeschlossen. Sie beobachten, besprechen, analysieren und kommentieren die bildungspolitischen Bestrebungen und Reformen in Deutschland und informieren die interessierte Öffentlichkeit. email: gute-schule-berlin@online.de
[2] aus: http://www.dipf.de/de/forschung/projekte/pdf/steubis/BERLIN_Studie_Maerz_2017_wissenschaftliches_Fazit.pdf . Die Fundstellen aus der BERLIN-Studie werden im Folgenden als Seitenangabe in Klammern im Text vermerkt.
[3] siehe auch:  http://www.tagesspiegel.de/berlin/schule/bildungsreform-lernen-wird-in-berlin-neu-buchstabiert/1664766.html
[4] weitere Beauftragte: Prof. Dr. Kai Maaz, Direktor am Deutschen Institut für Internationale Pädagogische Forschung (DIPF) in Frankfurt und Berlin und Prof. Dr. Olaf Köller, Direktor des Leibniz-Instituts für die Pädagogik der Naturwissenschaften und Mathematik (IPN) an der Christian Albrechts-Universität zu Kiel
[5] aus: taz, 15.3.2017, Anna Klöpper, Studie zur Berliner Schulreform – Schlechte Noten für Sekundarschulen, „Wird aus Wasser Wein, wenn man der Flasche ein anderes Etikett verpasst? Natürlich nicht.“
[6] aus: https://www.morgenpost.de/berlin/article207017017/Jeder-neunte-Berliner-Jugendliche-schafft-die-Schule-nicht.html
[7] vgl. Marcel Helbig, Rita Nikolai: Alter Wolf im neuen Schafspelz? WZB-Studie, 5. 2017, S. 29-32. Siehe auch Fazit der Studie auf www. Schulforum-Berlin.de,  Alter Wolf im neuen Schafspelz? – Die soziale Kluft an Berliner Schulen bleibt groß
[8] aus: http://www.tagesspiegel.de/berlin/lehrermangel-in-berlin-was-der-senat-versaeumt-hat-und-was-jetzt-passieren-muesste/12931342.html
[9] Beiträge zur Niveausenkung an Berliner Schulen siehe:  Der Tagesspiegel, 04.06.2016, Susanne Vieth-Entus, Mathe zu leicht – Bio zu wirr; Der Tagesspiegel, 08.05.2014, Susanne Vieth-Entus, Berlin senkt Ansprüche an den Schulabschluss; Der Tagesspiegel, 20.06.2016, Susanne Vieth-Entus, Lehrer finden Mathe-Prüfungen „Pillepalle“
[10] vgl. John Hattie: Lernen sichtbar machen (2013) und Lernen sichtbar machen für Lehrpersonen (2014). Eine praxisnahe Aufarbeitung der gesamten Unterrichtsforschung liefern: Michael Felten & Elsbeth Stern: Lernwirksam unterrichten (2012/2014)
[11] In Physik, Chemie, Biologie und Informatik waren von 226 neu eingestellten Gymnasiallehrern in Berlin 145 Quereinsteiger, in Mathematik von 152 Neueinstellungen 71 ohne pädagogische Ausbildung; an den Berliner Grundschulen sind 40% Quereinsteiger, aus: FAZ, 21.3.2017, Heike Schmoll, Immer mehr Lehrer ohne pädagogische Ausbildung
[12] Pressemitteilung der Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie vom 15.3.2017, „Die Berliner Schule ist für kommende Herausforderungen gewappnet“, unter https://www.berlin.de/sen/bjf/service/presse/pressemitteilung.571189.php
[13] aus: http://www.morgenpost.de/berlin/article207017017/Jeder-neunte-Berliner-Jugendliche-schafft-die-Schule-nicht.html
[14] [Weiter wird berichtet, dass] es inzwischen Sekundarschulen gibt, die nur noch über einen einzigen ausgebildeten Mathematiklehrer verfügen. Aus: Der Tagesspiegel, 28.10.2016, Susanne Vieth-Entus, Amory Burchard, Deutsch, Mathe, Englisch – keine Besserung in Sicht; siehe auch:  IQB-Bildungstrend 2015 Zusammenfassung, S. 29, Fachfremde Lehrkräfte, Quereinsteiger
[15] aus: Tagesspiegel, 9.3.2017, Susanne Vieth-Entus, „Operation Schulbau“ und Gerd Nowakowski, „Ordentlich Betrieb machen“
[16] aus: Tagesspiegel, 29.3.2017, Sylvia Vogt, „Referendare: Viele Bewerber springen ab“
 http://www.tagesspiegel.de/berlin/lehrermangel-in-berlin-referendare-jeder-zweite-bewerber-springt-wieder-ab/19582940.html
[17] ebd.

Eine ganze Kleinstadt ohne Schulabschluss. Jährlich!

Wer jetzt scheitert, wird es schwer haben

Nicht nur in Berlin, sondern auch in den anderen Bundesländern absolvieren in diesen Wochen die Schülerinnen und Schüler in den 10. Klassen die Prüfungen für den Mittleren Schulabschluss (MSA).

Werner van Bebber
Deutschlandweit summiert sich das Scheitern an der Schule zu rund 47.000 Jugendlichen. Jährlich. Anders gesagt: Das Land leistet sich in jedem Jahr die Einwohnerschaft einer kompletten Kleinstadt, die allenfalls zu Aushilfsjobs in der Lage ist.

47.000 Gründe für ein Grundeinkommen und die Abschaffung der Hartz-Bürokratie, könnte man sagen – und würde sich damit als Zyniker outen. „Der Staat würde sich freikaufen von seiner Verantwortung, sich um die Arbeitslosen zu kümmern“, sagte der Chef der Bundesagentur für Arbeit, Detlef Scheele, vor ein paar Tagen im Interview mit dieser Zeitung. Er hat recht. Arbeit gehört zum sinnerfüllten Leben, mehr als alle Youtube-Videos dieser Welt oder Koch-Shows und Ballerspiele im Internet, mit der Leute die Zeit herumbringen, die zu viel davon haben.

Scheele sagte auch etwas sehr Richtiges über den Anfang der Arbeitslosigkeit und des Scheiterns: „Das fängt bei den Kindern an. Wir müssen dafür sorgen, dass sie die Schule nicht ohne Abschluss und den Übergang in den Beruf gut hinbekommen. Das ist am erfolgversprechendsten.“

Doch jede und jeder zehnte Jugendliche in Berlin verlässt die Schule immer noch ohne Abschluss. Der frühere Bürgermeister von Neukölln, Heinz Buschkowsky, sagte vor ein paar Tagen: Allein in seinem Stadtteil verließen „jedes Jahr Hunderte von jungen Männern ohne Perspektive“ die Schulen. Und es ist auch nicht zynisch, sondern die triste Wahrheit, zu sagen, dass nicht wenige davon später im Kriminalgericht Moabit wieder auftauchen. […]

zum Artikel: Der Tagesspiegel, 13.05.2017, Werner van Bebber, Eine ganze Kleinstadt ohne Schulabschluss

Wären die Eltern ähnlich beharrlich und fordernd wie die ungeduldigen und entnervten Berliner Radfahrer, würden sie ebenfalls einen Volksentscheid wollen: Die Schulpolitik wäre sicher auf einem besseren Weg!

Hervorhebungen im Fettdruck durch Schulforum-Berlin

Sind Erzieher und Lehrer mit Pfannkuchen zu locken?

Pädagogen-Mangel in Berlin  –  Not macht anspruchsloser

Bildungssenatorin Scheeres  (SPD) senkt Anforderungen an Kita-Personal

Berlin braucht mehr Personal für die Kitas und Schulen. Eine neue Werbekampagne sowie Abstriche bei den Berufsanforderungen sollen den Mangel an Erziehern und Lehrern senken.

Mit solch „witzigen“ Sprüchen wirbt die Senatsverwaltung um Erzieher und Lehrer.

Quelle: Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie

Mit 8o.ooo Postkarten auf Jagd nach Pädagogen

TSP, 25.04.2017, Susanne Vieth-Entus

Aufrufe wie „Du hast unseren Kindern gerade noch gefehlt!“ oder „Nu mach ma hinne. Bewirb Dich schnell“, werden auf 80 000 Postkarten gedruckt und an 700 Orten verteilt z.B. in Kneipen, Kinos, Szenetreffs … Auch werden 500 Plakate aufgehängt und Anzeigen in Fachmagazinen und überregionalen Zeitungen geschaltet. Es scheint, dass Hinz und Kunz als Erzieher und Lehrer für unsere Kinder gut genug sind. Und obendrauf noch was Süßes: Sogar mit „Berliner“ – Pfannkuchen will die Bildungsverwaltung angehende Lehrer aus Stuttgart und Düsseldorf nach Berlin locken.

Not macht erfinderisch – aber auch anspruchsloser, wie aktuelle Entscheidungen von Jugendsenatorin Sandra Scheeres (SPD) offenbaren: Die Anforderungen an das Kita-Personal werden [wie bereits bei den Lehrkräften an den Berliner Schulen] drastisch gesenkt. Die Qualität der Bildungsarbeit wird kontinuierlich verschlechtert.

Nach den „neuen Regelungen für den Einsatz von Fachkräften“ kann z.B. eine Kita mit 30 Kräften zehn einstellen, die noch nie etwas über frühkindliche Lernprozesse, Elternarbeit, Sprachförderung, Kindergesundheit … gehört haben. Der Dachverband der [in privater Trägerschaft geführten] Kinder- und Schülerläden lobt die neue Quereinsteigerquote, weil sie den Kitas Spielräume eröffne und mehr Plätze schaffe. Im Übrigen brächten Quereinsteiger „Vielfältigkeit und Lebenserfahrung“ in die Kita-Teams.

Scheeres rechtfertigte die Entscheidungen für ihr Vorgehen: „Wir wollen mit den neuen Regeln verhindern, dass Kita-Plätze gar nicht erst angeboten werden, weil Erzieher fehlen. Gleichzeitig sorgen wir dafür, dass die hohe Qualität der Kita-Betreuung in Berlin erhalten bleibt.“

Die „hohe Qualität“ an Kitas sieht dann in der Realität so aus wie an den Schulen:

Der Anteil des „fachfremd“ erteilten Unterrichts dürfte an vielen Schulen bei über 50 Prozent liegen. Dies bedeutet, dass viele Schüler etwa in Mathematik nur maximal in vier von zehn Schuljahren von Fachlehrern unterrichtet werden. Immer mehr Lehrer sind ohne pädagogische Ausbildung! (TSP, 28.10.2016)

zum Artikel:  TSP, 25.04.2017, Susanne Vieth-Entus, Mit 80.000 Postkarten auf Jagd nach Pädagogen
siehe auch:  TSP, 29.04.2017, Susanne Vieth-Entus, Wie ein Auto ohne Türen

Die Opfer und Leidtragenden eines so merkwürdigen Verständnisses von „hoher Qualität“ in Kita und Schule sind zwangsläufig unsere Kinder!


Quelle: Senatsverwaltung für Bildung, Jugend, Familie

„Was Berlin bildungspolitisch in den letzten Jahren vorangebracht hat, sucht seinesgleichen in anderen Bundesländern. (…)“

„(…) Denn es geht um nichts Geringeres als die Chancen der jungen Generation und damit um die Zukunft unserer gesamten Gesellschaft.“