Lehrer stellen Inklusion vernichtendes Zeugnis aus

Die Inklusion wird ihren eigenen Ansprüchen nicht gerecht:

Die meisten Lehrer fühlen sich laut einer neuen Umfrage schlecht vorbereitet und überfordert. Sie haben einen deutlichen Appell an die Politik. So berichtet Heike Schmoll in der FAZ am 30.05.2017 in ihrem Artikel „Lehrer kritisieren schlechte Bedingungen für Inklusion“.

Die Forsa-Umfrage, die vom Verband Bildung und Erziehung (VBE) in Auftrag gegeben wurde, hat das Thema:

Inklusion an Schulen aus Sicht der Lehrkräfte in Deutschland – Meinungen, Einstellungen und Erfahrungen.

Im Rahmen der Untersuchung wurden bundesweit insgesamt 2.050 Lehrer an allgemeinbildenden Schulen in Deutschland befragt. 747 der befragten Lehrer unterrichten derzeit selbst in inklusiven Klassen.

Aus der Untersuchung die wichtigsten Ergebnisse der repräsentativen Lehrerbefragung:

  • Vergleicht man die Ergebnisse der aktuellen Untersuchung mit der 2015 erstmals durchgeführten Befragung zum Thema Inklusion an Schulen in Deutschland, so fällt zunächst das geringe Maß an Veränderung in den Einstellungen der Lehrkräfte zur Inklusion und den damit gemachten Erfahrungen im Schulalltag auf.
  • Wie bereits 2015 ist die Lehrerschaft in Deutschland in der Grundsatzfrage, ob eine gemeinsame Unterrichtung von Kindern mit und ohne Behinderung an Regelschulen sinnvoll ist, unverändert gespalten: Eine knappe Mehrheit von 54 Prozent hält dies grundsätzlich für sinnvoll, eine starke Minderheit von 42 Prozent spricht sich hingegen grundsätzlich für eine Unterrichtung von Kindern mit Behinderung an Förderschulen aus.
  • Die Akzeptanz der Inklusion an Schulen unter der Lehrerschaft [ist] auch zwei Jahre nach der ersten Erhebung zu diesem Thema nicht gestiegen, sondern die Grundhaltung unverändert von einem hohen Maß an Skepsis geprägt.
  • Als Argumente gegen die Inklusion werden – ebenfalls wie 2015 – sowohl grundsätzliche (pädagogische) Argumente als auch solche, die sich auf die Ausstattung der Schulen und die Qualifizierung des Personals beziehen, vorgebracht. Im Hinblick auf die praktische Ausgestaltung der Inklusion an den Schulen fallen die gemachten Erfahrungen der Lehrer ähnlich negativ aus wie bereits vor zwei Jahren. Während unverändert fast alle Lehrer der Auffassung sind, dass es in inklusiven Klassen eine Doppelbesetzung aus Lehrer und Sonderpädagoge geben sollte (und zwar immer und nicht nur zeitweilig), gibt nur eine Minderheit der Lehrkräfte an, dass dies in ihrem Bundesland auch tatsächlich schulrechtlich vorgesehen ist.
  • Auch das Fortbildungsangebot, um sich auf die Arbeit mit inklusiven Schulklassen vorzubereiten, wird von den Lehrkräften als mangelhaft beurteilt.
  • Vor dem Hintergrund der grundsätzlichen Bedenken gegen einen inklusiven Unterricht und der unverändert unzureichenden Rahmenbedingungen spricht sich auch in der aktuellen Erhebung eine deutliche Mehrheit der Lehrer dafür aus, die bisherigen Förder- und Sonderschulen alle zu erhalten (und damit sogar mehr als noch 2015). (S. 34)
  • Die Erfahrungen der Lehrer, an deren Schulen es bereits inklusive Lerngruppen gibt, [sind] unverändert negativ. So hat sich die Schülerzahl pro inklusiver Klasse gegenüber 2015 so gut wie nicht verändert. Auch berichtet nach wie vor eine Mehrheit von über 60 Prozent der Lehrer an betroffenen Schulen davon, dass die Größe von inklusiven Klassen im Vergleich zu nicht inklusiven Klassen nicht verringert wurde. Ebenfalls wie vor zwei Jahren hatte die Mehrheit der betroffenen Lehrkräfte nach Auskunft der Lehrer an Schulen mit inklusiven Lerngruppen nur wenige Wochen oder sogar weniger Zeit, um sich auf das inklusive Unterrichten vorzubereiten. (S. 35)
  • Sehr großen Unterstützungsbedarf sehen die befragten Lehrkräfte vor allem bei Kindern mit dem Förderschwerpunkt emotionale und soziale Entwicklung (92 %), bei Kindern mit dem Förderschwerpunkt Lernen (86 %) und bei Kindern mit dem Förderschwerpunkt geistige Entwicklung (76 %). Mehr als 60 Prozent sehen (auch) größeren Unterstützungsbedarf bei Kindern mit dem Förderschwerpunkt Sprache (65 %) und bei Kindern mit körperlichen und motorischen Beeinträchtigungen (60 %). Die Hälfte sieht größeren Unterstützungsbedarf bei der Unterrichtung kranker Schüler, jeweils 40 Prozent sehen dies bei den Förderschwerpunkten Sehen oder Hören. (S. 32)
  • In mehr als 50 Prozent der Schulen mit inklusiven Klassen haben die Lehrkräfte keinerlei sonderpädagogische Kenntnisse, und in fast 80 Prozent der Fälle war Inklusion nicht Teil der Lehrerausbildung. Bei all diesen Indikatoren zur Vorbereitung der Lehrkräfte auf inklusiven Unterricht hat sich im Vergleich zur Erhebung 2015 so gut wie nichts verändert.
  • Inklusive Klassen werden in zwei Drittel der betroffenen Schulen unverändert von nur einer Person unterrichtet. (S. 35)
  • Vor diesem Hintergrund ist es nicht verwunderlich, dass die Lehrkräfte insgesamt die personelle Ausstattung, die von ihrer jeweiligen Landesregierung für den gemeinsamen Unterricht von Kindern mit und ohne Behinderung zur Verfügung gestellt wird, mit der Durchschnittsnote 4,9 („mangelhaft“) bewerten. (S. 36)

Zu den Untersuchungsergebnissen: Inklusion an Schulen aus Sicht der Lehrkräfte in Deutschland – Meinungen, Einstellungen und Erfahrungen.

siehe auch:  FAZ, 29.05.2017, Heike Schmoll, Lehrer stellen Inklusion vernichtendes Zeugnis aus