Sind Erzieher und Lehrer mit Pfannkuchen zu locken?

Pädagogen-Mangel in Berlin  –  Not macht anspruchsloser

Bildungssenatorin Scheeres  (SPD) senkt Anforderungen an Kita-Personal

Berlin braucht mehr Personal für die Kitas und Schulen. Eine neue Werbekampagne sowie Abstriche bei den Berufsanforderungen sollen den Mangel an Erziehern und Lehrern senken.

Mit solch „witzigen“ Sprüchen wirbt die Senatsverwaltung um Erzieher und Lehrer.

Quelle: Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie

Mit 8o.ooo Postkarten auf Jagd nach Pädagogen

TSP, 25.04.2017, Susanne Vieth-Entus

Aufrufe wie „Du hast unseren Kindern gerade noch gefehlt!“ oder „Nu mach ma hinne. Bewirb Dich schnell“, werden auf 80 000 Postkarten gedruckt und an 700 Orten verteilt z.B. in Kneipen, Kinos, Szenetreffs … Auch werden 500 Plakate aufgehängt und Anzeigen in Fachmagazinen und überregionalen Zeitungen geschaltet. Es scheint, dass Hinz und Kunz als Erzieher und Lehrer für unsere Kinder gut genug sind. Und obendrauf noch was Süßes: Sogar mit „Berliner“ – Pfannkuchen will die Bildungsverwaltung angehende Lehrer aus Stuttgart und Düsseldorf nach Berlin locken.

Not macht erfinderisch – aber auch anspruchsloser, wie aktuelle Entscheidungen von Jugendsenatorin Sandra Scheeres (SPD) offenbaren: Die Anforderungen an das Kita-Personal werden [wie bereits bei den Lehrkräften an den Berliner Schulen] drastisch gesenkt. Die Qualität der Bildungsarbeit wird kontinuierlich verschlechtert.

Nach den „neuen Regelungen für den Einsatz von Fachkräften“ kann z.B. eine Kita mit 30 Kräften zehn einstellen, die noch nie etwas über frühkindliche Lernprozesse, Elternarbeit, Sprachförderung, Kindergesundheit … gehört haben. Der Dachverband der [in privater Trägerschaft geführten] Kinder- und Schülerläden lobt die neue Quereinsteigerquote, weil sie den Kitas Spielräume eröffne und mehr Plätze schaffe. Im Übrigen brächten Quereinsteiger „Vielfältigkeit und Lebenserfahrung“ in die Kita-Teams.

Scheeres rechtfertigte die Entscheidungen für ihr Vorgehen: „Wir wollen mit den neuen Regeln verhindern, dass Kita-Plätze gar nicht erst angeboten werden, weil Erzieher fehlen. Gleichzeitig sorgen wir dafür, dass die hohe Qualität der Kita-Betreuung in Berlin erhalten bleibt.“

Die „hohe Qualität“ an Kitas sieht dann in der Realität so aus wie an den Schulen:

Der Anteil des „fachfremd“ erteilten Unterrichts dürfte an vielen Schulen bei über 50 Prozent liegen. Dies bedeutet, dass viele Schüler etwa in Mathematik nur maximal in vier von zehn Schuljahren von Fachlehrern unterrichtet werden. Immer mehr Lehrer sind ohne pädagogische Ausbildung! (TSP, 28.10.2016)

zum Artikel:  TSP, 25.04.2017, Susanne Vieth-Entus, Mit 80.000 Postkarten auf Jagd nach Pädagogen
siehe auch:  TSP, 29.04.2017, Susanne Vieth-Entus, Wie ein Auto ohne Türen

Die Opfer und Leidtragenden eines so merkwürdigen Verständnisses von „hoher Qualität“ in Kita und Schule sind zwangsläufig unsere Kinder!


Quelle: Senatsverwaltung für Bildung, Jugend, Familie

„Was Berlin bildungspolitisch in den letzten Jahren vorangebracht hat, sucht seinesgleichen in anderen Bundesländern. (…)“

„(…) Denn es geht um nichts Geringeres als die Chancen der jungen Generation und damit um die Zukunft unserer gesamten Gesellschaft.“