„Gemeinsam mehr bewegen“

Wie sehen Lehrkräfte im Ausland ihren Beruf, vor welchen Herausforderungen stehen Lehrerinnen und Lehrer?

Beim „International Summit on the Teaching Profession 2016 (ISTP)“ ging es vom 3.3.-4.3.2016 in Berlin um das Thema „Professionalisierung von Lehrkräften: Voraussetzungen für gute Unterrichtsqualität und beste Lernergebnisse“. Der Kongress wird gemeinsam von der OECD (Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung), Education International (Internationale Dachorganisation der Bildungsgewerkschaften) und dem jeweiligen ausrichtenden Land veranstaltet.

Michael Felten, Lehrer und Sitzungsteilnehmer schreibt:
(…) So ein regelmäßiger Austausch über Stand und Entwicklung der Bildung rund um die Welt ist durchaus bereichernd. Aber die Tücke liegt im Detail, die Gefahr heißt Unschärfe. So hatte kurz vor der Tagung eine Studie zur Kooperation Deutschlands Pädagogen auf diesem Gebiet Nachholbedarf attestiert. Ja, viele Lehrer könnten von mehr Zusammenarbeit profitieren, indem sie öfter gemeinsam Lernsequenzen planen, sich mehr über Erfahrungen mit schwierigen Schülern austauschen, sich häufiger gegenseitig im Unterricht besuchen.

Marc Montangero, 41, unterrichtet Chemie an einer Sekundarschule in Morge bei Lausanne, Schweiz
Lehrer sind zu oft Einzelkämpfer: Sie stehen alleine vor der Klasse und bereiten zu Hause im stillen Kämmerlein ihre Stunden vor. Das muss sich ändern. Wenn Lehrer zusammenarbeiten, können sie viel mehr bewegen. Warum treffen wir uns nicht einmal in der Woche für zwei Stunden und tauschen uns darüber aus, welche Unterrichtsmethoden gut und welche schlecht geklappt haben? Warum helfen wir uns nicht gegenseitig im Umgang mit schwierigen Schülern? Wir könnten jüngeren Kollegen Rat geben, ältere auf den neuesten Stand bringen oder Unterrichtseinheiten zusammen planen.
Ich glaube, dass diese Formen der Kooperation viel Zeit sparen. Und dass sie nicht nur die Atmosphäre im Kollegium, sondern besonders den Unterricht voranbringen. Dafür müssen wir aufhören, unsere Lehre und unsere Vorbereitung verschämt als Privatsache zu betrachten. Wir brauchen eine Kultur der Offenheit, in der konstruktiv Feedback geäußert werden kann. (…)

Doch eine Pauschalkritik des pädagogischen Einzelkämpfertums ist arg kurzsichtig: Gute Lehrer müssen eben auch hochvirtuose Einzelgestalter sein, von zwischenmenschlichen Beziehungen nämlich, dem Kontakt zu den einzelnen Schülern wie auch dem Umgang mit der Gruppendynamik in einer Klasse. Ein Sachverhalt, der für Statistiker und Soziologen allerdings nicht ohne Weiteres zugänglich ist, weshalb dieser Bereich immer noch eine Art Grauzone der Zunft ist und man ihn sich als Schwerpunkt künftiger Forschung und kommender Gipfel wünscht. (…)

So konnte man dem Bericht eines Teams um Eckhard Klieme vom Deutschen Institut für Internationale Pädagogische Forschung (Dipf) in Frankfurt etwa entnehmen, dass japanische Schüler wohl nicht wegen des vielgescholtenen Drills in Leistungstests besser abschneiden, sondern weil ihre Lehrer sie mehr nachdenken als abschreiben lassen. Und dass es lernschwachen und bildungsfern sozialisierten Kindern vor allem hilft, wenn ihre Lehrer die Unterrichtsqualität an den entscheidenden Stellen steigern: Stundenthema und Lernschritte klar vorstellen, die Schüler alle zu gedanklicher Auseinandersetzung anregen, jeden nach seinem Bedarf unterstützen und ihm ermutigende Rückmeldungen geben.

Oftmals waren es Details, die aufhorchen ließen. So berichtete ein Team vom IPN in Kiel (Leibnitz-Institut für die Pädagogik der Naturwissenschaften und Mathematik), dass konstruktivistische Lehrerüberzeugungen, also die Auffassung, dass Lernende selbst am besten wüssten, was gerade gut für ihren Fortschritt sei, negativ mit Klassenführung und Lerndisziplin korrelieren – ein indirektes Lob der gerne verpönten Steuerung durch den Lehrer. Und laut OECD-Report zeichnen sich Lehrer in Ländern mit guten Leistungsergebnissen nicht nur durch solide Grundkenntnisse und hohe Kooperation aus, sondern eben auch durch hohe Autonomie, also wenige staatliche Vorschriften – ein Plädoyer für die auch hierzulande bedrohte pädagogische Freiheit. Von der einmal hippen Vieltesterei von Schülern und Schulen wende man sich vielerorts wieder ab (…).

Hekia Parata, 57, Neuseeländische Bildungsministerin
Der Beruf des Lehrers ist einer der wichtigsten und einflussreichsten in der Gesellschaft. Wenn Lehrer guten Unterricht machen, können auch Kinder aus sozioökonomisch schlechter gestellten Familien erfolgreich sein – davon bin ich überzeugt.
In Neuseeland konzentrieren wir uns deswegen im Moment darauf, die Unterrichtsqualität zu verbessern. In neu gegründeten Netzwerken tauschen sich die Schulen darüber aus, wie sie die Lernleistungen ihrer Schüler steigern können und entwickeln eigene Konzepte dazu. Für deren Durchführung erhalten sie zusätzliche Gelder. (…) Mich interessiert auf der Konferenz, mit welchen Maßnahmen andere Länder die Unterrichtsqualität steigern. Zu eng gefasste Lehrpläne sind für mich aber keine Option: Lehrer sollten Freiräume haben, um flexibel auf die Bedürfnisse ihrer Schüler reagieren zu können.

Interessant ist auch zu erfahren, dass Schwedens Lehrer reformmüde geworden sind. Oder dass Finnland seinen Lehrern viel zutraut und wenig vorschreibt – sie aber nicht allein lässt, sondern ihnen Lehrerweiterbildungen anbietet, die sie wirklich weiterbringen. Und gut, dass wenigstens die schottischen Vertreter darauf hinwiesen, wie dortige Lehrer unter zusätzlichen Datenerhebungen und Materialrecherchen stöhnen. (…)

Jean-Luc Richter, 47, unterrichtet Physik und Chemie an einer Sekundarschule in Marckolsheim, Frankreich
Ich habe den Eindruck, dass in Frankreich jeder neue Minister seinen Fußabdruck im Bildungssystem hinterlassen will. Deswegen gibt es oft neue, unausgegorene Reformen. Zum Beispiel werden überlastete Lehrpläne entwickelt, die sich in der Praxis kaum umsetzen lassen. Von oben nach unten wird dann bestimmt, wie unser Unterricht zu sein hat. So wird vergessen, was wir wirklich brauchen: Kleinere Klassen, genug Zeit für die Unterrichtsvorbereitung und Luft im Lehrplan, um individuell auf Schüler eingehen zu können.
Um zu wissen, was der Schule guttut, sollten Politiker deswegen mehr mit uns kommunizieren. Lehrer sollten als die wahren Schulexperten in Entscheidungsgremien vertreten sein, wenn es um wichtige Reformen geht. Aber auch an den Schulen wünsche ich mir mehr demokratische Entscheidungskultur. Schulleiter sollten eher Koordinatoren sein als als Schul-Chefs. Für die Schüler wären selbstverwaltete Kollegien ein gutes Vorbild. Wenn man sie zu demokratischen Staatsbürgern erziehen will, sollte man ihnen gerade in der Schule keine autoritären Strukturen vorleben.

Der Lehrer wird vermutlich nicht darum herum kommen, sich auch weiterhin als ebenso kundiger wie eigensinniger Menschenbildner zu verhalten: sich über die Forschungslage auf dem Laufenden zu halten und gewissenhaft zu prüfen, was an Bewährtem er beibehalten will – und wo er seine Fähigkeiten erweitern muss.

zum Artikel:  ZEIT Online, Bildungspolitik, 07.03.2016, Michael Felten, Mehr nachdenken als abschreiben lassen

eingerückte kursive Beiträge eingefügt durch Schulforum-Berlin aus:  Der Tagesspiegel, Wissen und Forschung, 04,03.2016, Luisa Hommerich, „Gemeinsam mehr bewegen“ – Was Lehrer aus Europa und der Welt umtreibt

Trojanisches Pferd für die Lehrerbildung

Gesetz zur Änderung des Lehrerausbildungsgesetzes, Bezug zur Drucksache 16/9887 vom 30.09.2015, Anhörung im Landtag NRW am 17. Februar 2016

Stellungnahmen:

Prof. Dr. Ursula Forst, Universität zu Köln, Fachgruppe Erziehungs- und Sozialwissenschaften
Auszug:
Der Gesetzentwurf geht im wesentlichen auf Nachbesserungen und Anpassungen des Lehrerausbildungsgesetzes von 2009 aus. Die darin vorgenommene grundlegende Reform, die in der Umstellung auf BA-MA-Studiengänge [Bachelor- und Masterstudiengänge] und die Einführung von Kompetenzorientierung und entsprechenden Standards besteht, wird als alternativlos dargestellt. Dies muss um so mehr befremden, als inzwischen gemachte Erfahrungen und tief greifende Kritik auszuwerten wären. (…)

Bildungsreformen müssen diskutierbar und revidierbar bleiben, sonst wäre der Anspruch ständiger Reformen ad absurdum geführt. Alternativlos ist nur Humanität. Demokratie lebt von der diskursiven Auseinandersetzung mit Alternativen. Es gibt gute Gründe, die weitere Umsetzung des sog. „Bologna-Beschlusses“ zu überdenken. (…)

Der Bologna-Prozess hat sich als dysfunktional erwiesen, denn er hat seine eigenen Ziele nicht erreicht. Weder internationale Mobilität wurde erhöht noch die Studienabbrecherzahl verringert. Studiengänge wurden nicht klarer und vergleichbarer, die Studienzeit insgesamt verlängert. Diese Erfahrungstatsachen sind seit Jahren bekannt; wie ist es möglich, sie politisch zu ignorieren? Dass auch die Attraktivität der Bologna-Absolventen für berufliche Arbeitsfelder keineswegs erhöht wurde, wie jüngst eine McKinsey-Studie (vgl. Mourshed u.a. 2014) eindrucksvoll aufzeigte, macht das Leitbild der ‚employability’ zur Farce.

Der sog. „Bologna-Beschluss“ und der sich anschliessende Prozess sind nicht demokratisch eingeführt (vgl. Krautz 2013a). Bis heute entzieht er sich immer wieder einer demokratischen Auseinandersetzung in den betroffenen Ländern und Institutionen (man darf offenbar immer nur dafür stimmen). (…)

Es gibt keine genuin wissenschaftlichen oder pädagogischen Argumente für Bologna; erst recht nicht hinsichtlich der Lehrerausbildung. Die Kompetenzorientierung wurde durch die PISA-Kampagne der OECD angezettelt (…)

Das universitäre Studium wird seit Bologna unnötig verschult und zerstückelt, Bildung und Wissen erfolgreich verhindert. Die Bologna-Reform führt ein organisatorisches Hybridsystem aus Vorgaben, Regelungen, Tests, Dokumentationen, Evaluationen, Kontrollen usw. mit sich, das sachliche und humane Maßstäbe der Handlungsorientierung unmäßig erschwert.

Der Bologna-Prozess ist, gemessen an seinen eigenen Zielen ebenso wie nach politischen, rechtlichen und pädagogischen Maßstäben, gescheitert und bedarf daher seinerseits einer Reform, d.h. einer Kurskorrektur der Bildungspolitik, die sich auf das Wesentliche der Bildung konzentriert und dafür andere, bessere Wege findet. (…)

zur Stellungnahme von Prof. Dr. Ursula Forst, Universität zu Köln


 

Prof. Dr. Hans Peter Klein, Goethe Universität, Frankfurt am Main, Lehrstuhl für Didaktik der Biowissenschaften
Auszug:
(…) Mit dem Gesetzentwurf der Landesregierung Gesetz zur Änderung des Lehrerausbildungsgesetzes ist mit einer vorgeblichen Ausrichtung „an den pädagogischen Herausforderungen der Zukunft“ ein weiterer imperialer Durchgriff der Exekutive in die Freiheit von Forschung und Lehre der nordrheinwestfälischen Universitäten geplant.

Klares Ziel: Hineinregieren in die Hochschulen, Abschaffung der Freiheit von Forschung und Lehre. (S. 1)

Durch eine verpflichtende Übertragung weiterer Inklusionskonzepte in die Fachwissenschaften und insbesondere in die Fachdidaktik kommt es zu einer nicht hinnehmbaren weiteren Kürzung der fachlichen Ausbildung, die derzeit im gesamten Bundesgebiet einmalig ist.

Wir betrachten zum einen die Festlegung der 8 von 15 LP [Leistungspunkten] der Fachdidaktik als Eingriff der Landesregierung in die Lehre der Universitäten. Zum anderen steht die recht plötzliche Erhöhung und Festlegung von 5 LP für inklusionsorientierte Fragestellungen deutlich einer professionsbezogenen fachlichen Ausbildung für alle zukünftigen Lehrer/innen entgegen. Die Fachdidaktik leistete bisher mit den 12 frei zu gestaltenden Leistungspunkten einen wesentlichen Beitrag, um fachspezifische Arbeitsweisen, den Einsatz vielfältiger Unterrichtsmethoden, Konzepte zur Planung und Durchführung von Unterricht, die Bedeutung außerschulischer Lernorte sowie Diagnosefertigkeiten u.a. zu vermitteln. Eine Beschneidung dieser bisher wahrgenommenen Lehrinhalte um weitere 5 LP bedeutet den Verzicht auf grundlegende Teile fachdidaktischer Lehre. Was bitte soll wegfallen? (S. 2)

Der Gesetzentwurf fällt all denjenigen in den Rücken, die sich seit Jahren um eine professionsorientierte Vermittlung konzeptbezogener fachlicher Kompetenzen in den Fachwissenschaften und Fachdidaktiken bemühen, auf denen erst prozessbezogene Kompetenzen entsprechend den Vorgaben der Bildungsstandards aufgebaut werden können.
Das vorliegende Gesetz verschärft hingegen die weitere Entfachlichung der Lehrerbildung und insbesondere der Fachdidaktiken zugunsten inklusiver Fragestellungen, die bisher ausschließlich in den Bildungswissenschaften verortet waren. Insbesondere der Fachdidaktik soll anscheinend die Rolle zugewiesen werden, als trojanisches Pferd die bildungspolitischen Konzepte aus den Parteibüchern der jeweiligen Landesregierungen in den Hochschulen umzusetzen.

Zudem soll der Fachdidaktik anscheinend vorgeschrieben werden, die völlig umstrittenen Konzepte der „Neuen Lernkultur“ mit Individualisierung von Unterricht, der Rolle des Lehrers als Lerncoach und konstruktivistischen Unterrichtskonzepten entsprechend den Vorstellungen der rot-grünen Landesregierung verbindlich umzusetzen. Konzepte, für deren Erfolgsaussichten es keinerlei empirische Belege gibt, die ganz im Gegenteil im gesamten anglo-amerikanischen Raum bereits seit langem als gescheitert gelten (Kirschner et al. 2008, Ravitch, 2008, Hattie 2009). „Gemeinsames Lernen? Nein danke. Heute gibt es mobiles Coaching und flexibles Kompetenzdesign“ (Türcke 2016). (S. 4)

Wenn bis zu 2/3 der dortigen Ausbildung mittlerweile von der Landesregierung vorgegeben wird, ist Einspruch vonnöten. Nach möglicher Inkraftsetzung des Gesetzes in dieser Form kann man den Fachdidaktiker/-innen in NRW nur raten, sich weiterhin auf die Freiheit von Forschung und Lehre zu berufen und entsprechend ihrer Expertise eine fachdidaktische Lehre anbieten, die sie auch professionell vertreten und verantworten können. Denn insbesondere die Schüler mit dringendem und unterschiedlichstem Förderbedarf und deren Eltern erwarten einen professionellen Umgang und eine entsprechende Betreuung in der Schule, dem durch derartige Vorhaben ein Bärendienst erwiesen wird. (…)

Eingerückt = eingefügte Erläuterungen aus der Stellungnahme von  Prof. Dr. Hans Peter Klein durch Schulforum-Berlin

zur Stellungnahme von Prof. Dr. Hans Peter Klein, Goethe Universität, Frankfurt am Main


 

Prof. Dr. Ulrich Heinen, Bergische Universität Wuppertal, Fakultät für Design und Kunst
Auszug:
(…) Mit der Kompetenzorientierung ist die studierte Sache ebenso in den Hintergrund getreten wie der Studiendialog mit den Lehrenden und den Kommilitoninnen und Kommilitonen sowie die Erfahrung der eigenen Verantwortung für das Studieren. Stattdessen sind die Studierenden selbst zu Objekten eines Ausbildungsvorgangs umdefiniert worden, der sie auf eine extern definierte Clusterung vermeintlich berufsvorbereitender Kompetenzen ausrichtet. Der Umbruch hat leider System: Lehramtsstudierende dürfen im Studium einen Bildungsprozess erst gar nicht mehr erfahren, den sie – angesichts der parallel durchgesetzten Outputorientierung der schulischen Bildung – ihren Schülerinnen und Schülern offenbar auch gar nicht mehr erfahrbar machen sollen. Auf dem Weg über die rechtliche Neubestimmung von Lehrerbildung und Schule wurde eine tiefgreifende Gesellschaftsveränderung eingeleitet, die mit einer umfassend und kleinteilig umgesetzten Operation an der nächsten Generation die Wurzeln der demokratischen Gesellschaft kappt. Gerade für die Lehrerbildung in einer Gesellschaft, die der persönlichen Entfaltung in sozialer Verantwortung einen hohen Wert zuerkennt, ist dies nicht akzeptabel. Angehenden Lehrerinnen und Lehrern muss das Studium die Erfahrung eröffnen können, sich selbst als Subjekt der eigenen Bildung gerade in der Auseinandersetzung mit den Gegenständen, Methoden, Prinzipen und Persönlichkeiten der Wissenschaften und Künste zu erfahren. Nur dann werden sie selbst bei ihren Schülerinnen und Schülern lebens- und existenzprägende Bildungsprozesse anstoßen können. Solche Bildungsprozesse, die Schülerinnen und Schüler über das bloße Funktionieren-Sollen hinausführen, stehen allen Menschen zu und sind zudem im Interesse aller und der Gesellschaft als Ganzer. Mit solchen Bildungsprozessen kann letztlich sogar der Erfolg berufsorientierter Ausbildungsprozesse verbessert werden, um die sich die bildungsökonomische Sicht auf das Bildungswesen derzeit so ausschließlich sorgen zu müssen meint. (…)

zur Stellungnahme von Prof. Dr. Ulrich Heinen, Bergische Universität Wuppertal

Hervorhebungen im Fettdruck bei allen Stellungnahmen durch Schulforum-Berlin

„Dequalifizierungskampagne“ der Berliner Grundschulen

Ergänzungen zum  Artikel weiter unten vom 08.02.2016, Susanne Vieth-Entus:
Berlin braucht 1000 neue Grundschullehrer – hat aber nur 175

Die reine Grundschulleere

Die Bildungsverwaltung hat den Mangel an Pädagogen schon vor Jahren erkannt – ohne ihn zu beheben. Die Folgen sind dramatisch
17.02.2016, Susanne Vieth-Entus

(…) Wie groß die Not ist, offenbaren neue Zahlen aus [dem Berliner Bezirk] Reinickendorf: Für 33 offene Stellen an den Grundschulen konnten zum 1. Februar nur sechs Grundschulpädagogen gefunden werden. Acht weitere Stellen wurden durch Quereinsteiger besetzt und 19 durch Lehrer für Gymnasien, Sekundarschulen oder Sonderpädagogik. (…) Die Situation ist in anderen Bezirken vergleichbar.

Für die Vermittlung des Schriftspracherwerbs sind die Studienräte [und Quereinsteiger] nicht ausgebildet. (…)

Wahrscheinlich wird [die Schulsenatorin] bald wieder ihrem rhetorisch begabten Staatssekretär das Feld überlassen, damit er die Wogen glättet. Der Senatorin bleibt dann die Rolle der Grüßauguste, die sie seit vier Jahren gut gespielt hat – wann immer eine neue Kita oder Turnhalle zu eröffnen war.

„Nett grüßen reicht nicht“.

zum Artikel:  Der Tagesspiegel, 17.02.2016, Susanne Vieth-Entus, „Die reine Grundschulleere“, S. 7,     siehe auch: „Nett grüßen reicht nicht“, Chaotisch, inkompetent: Die Bilanz der Berliner Bildungssenatorin fällt verheerend aus


Laut dem Berliner Senatorengesetz (§4) haben der regierende Bürgermeister und die von ihm ernannten Mitglieder des Senats vor dem Abgeordnetenhaus folgenden Eid zu leisten:
„Ich schwöre, mein Amt gerecht und unparteiisch, getreu der Verfassung und den Gesetzen zu führen und meine ganze Kraft dem Wohle des Volkes zu widmen.“

Für die „chaotische“ und „inkompetente“ Berliner Bildungspolitik trägt die Bildungssenatorin, Frau Scheeres (SPD), die Verantwortung.  „Die Senatorin versucht ihr Veräumnis zu beschönigen“. 

Die Konsequenzen tragen die Kinder. Wo bleibt der Aufschrei der Eltern?

Ich habe einen Entschluss gefasst – Wie ich ein guter Schüler wurde

Vom schlechten Schüler zum 1,0-Abi

Pauken, lesen, melden: Eine knallharte Anleitung zum Schulerfolg. Geschrieben von einem, der erst in der Oberstufe beschlossen hat, sich anzustrengen.
16.02.2016, Christine Brinck

Schüler träumen vom Nürnberger Trichter. Manche legen immer noch das Buch unters Kopfkissen, weil das Wissen vielleicht doch osmotisch durch die Federn ins Gehirn dringt. (…) Lernen für die Klassenarbeit oder die Klausur, der direkte Weg vom Lesen der Texte zum Begreifen des Stoffs gilt dagegen als mühsam. (…)

Irgendwann vor Beginn der Oberstufe ging dem Schüler, der eher mit Dreien, Vieren und Fünfen unterwegs war, der seinen Lehrern auf die Nerven ging, einmal sogar schon vor dem Rauswurf stand, ein Licht auf. Ihm wurde klar, dass er unter seinen Möglichkeiten blieb. Er war keiner von den Jungs, die ein besonderes Talent hatten und sonst Durchschnitt waren. Er war einfach insgesamt ein uninspirierter, fauler Schüler, der auch gern mal schwänzte. Und dann beschloss er, ein gutes Abitur zu machen.

Als er sich in den Sommerferien vor der Oberstufe an den Schreibtisch setzte, schwor er sich, „alles zu tun, um mein Ziel zu erreichen … Ich war bereit, meine komplette Freizeit aufzugeben, falls mein Ziel dies verlangte. Hätte ich jeden Nachmittag sechs Stunden lernen müssen, hätte ich es ohne mit der Wimper zu zucken getan.“ Radikal? Er hielt durch.
Während die anderen sich im Schwimmbad tummelten, füllte er seine Wissenslücken auf, die sich in den früheren Jahren aufgetan hatten. Die ersten Monate des Semesters waren noch kein Zuckerschlecken, immer wieder musste er Grundlagenstoff nachlernen, um die angepeilten Punkte schaffen zu können. So saß er schon drei, vier Stunden jeden Nachmittag in seinem Zimmer und lernte. Kein Trichter, kein Schleichweg, keine Abkürzung, einfach nur pauken. Warum gab er nicht auf? Was war sein Geheimnis?

„Dass ich die Schule zu meiner obersten Priorität machte und alles andere hintanstellte.“ (…)

In einem freilich unterscheidet sich der zielstrebige Junge von den meisten Quartalsarbeitern: „Ich wusste aber die ganze Zeit über, dass ich auf der Stelle mit all den netten Freizeitaktivitäten aufhören würde, sobald meine Leistungen in der Schule nachließen.“ Der einst schlechte Schüler entwickelte eine „I will do it at any cost“-Mentalität, um auch für Rückschläge gewappnet zu sein und ständige Kurskorrekturen vornehmen zu können, wenn das Ziel, die besagte 1,0, aus dem Visier zu geraten drohte. (…)

Die größte Gefahr und Zeitverschwendung sieht Weinstock in Planlosigkeit bei der Recherche im Internet. (…)

Weinstock ist sich auch nicht zu schade, seinen Lesern, die ja eben noch seine Schulkollegen waren, Ratschläge zu erteilen, die schon Muttern und die Grundschullehrerin dem Klein-Chaoten gepredigt haben: Arbeitsplatz aufräumen, Schulmappe richtig und insbesondere vollständig packen, Hausaufgaben als Segen betrachten und vor allem melden! Melden! Melden! „Du wirst merken“, schreibt Weinstock, „dass es Spaß macht, sich am Unterrichtsgeschehen zu beteiligen. Es ist auf jeden Fall deutlich unterhaltsamer, als unbeteiligt im Stuhl zu hängen und auf den Sekundenzeiger der Armbanduhr zu starren!“ (…)

Weinstock, eben noch Schüler, jetzt Student, ist kein Pädagoge, er hat sich seine Theorien, wie man von Durchschnitt auf Überdurchschnitt kommt, selbst zusammengebastelt. Fortan können Oberstufenschüler von seiner Erfahrung profitieren. Nicht alle Nachahmer werden durchhalten, aber manche werden wohl mit Gewinn seine Anleitungen für ein besseres Abiturergebnis nutzen. (…)

zum Artikel:  Der Tagesspiegel, Wissen und Forschen, 16.02.2016, Christine Brinck, Vom schlechten Schüler zum 1,0-Abi


Ergänzung zu obigem Artikel:

Danksagung (S. 170, 171): (…) Als Allererstes möchte ich mich deshalb bei meiner Familie bedanken. Ihr seid die wichtigsten Menschen in meinem Leben und ohne euch wäre ich nichts. Mama, Papa, Schwester Estelle, Großmutter Renate, Großmutter Aldona und alle weiteren Familienmitglieder – einer für alle und alle für einen!
Besonders herzlich möchte ich mich auch bei meinen Lehrern und bei meiner Schulleitung bedanken, dass sie mich damals nicht aufgegeben haben, sondern mir eine zweite Chance gaben und mich aktiv und selbstlos gefördert haben. Dafür werde ich euch für immer dankbar sein. Wir sind eindeutig die allerbeste Schule, weil wir die allerbesten Lehrer haben! Ich möchte mich auch für all das Wissen bedanken, das ihr mir vermittelt habt, und für die humanistischen Werte, die ihr mir an dieser interreligiösen Schule täglich vorgelebt habt. (…) Danken möchte ich auch Herrn Döring, meinem langjährigen Nachhilfelehrer, dessen geniale Erklärungen mir immer sehr weiterhalfen. (…)
Meinen Cousin Leo möchte ich hiermit offiziell herausfordern, meinen Schnitt zu schlagen. Viel Glück, Leo! (…)  Greif an!

David Weinstock: Schluss mit Ungenügend! Wie ich vom schlechten Schüler zum 1,0 Abiturienten wurde – und wie du das auch schaffst.


siehe auch: „Schluss mit ungenügend!“
Vom Nichtsblicker zum Einser-Schüler

Interview mit David Weinstock im Fritz-Radio,  11 Minuten


Bei John Hattie, Lernen sichtbar machen für Lehrpersonen, überarbeitete deutschsprachige Ausgabe von Visible Learning for Teachers, von Wolfgang Beywl und Klaus Zierer, 2014, S. 78-79, ist nachzulesen:

Wenn man uns bittet, die Namen derjenigen Lehrpersonen zu nennen, die deutlich positive Effekte auf uns hatten, beträgt die Zahl normalerweise zwei bis drei, und die angegebenen Gründe beginnen meist mit Kommentaren über die Fürsorge der Lehrperson oder dass sie „an mich geglaubt haben“. Der Hauptgrund ist der, dass diese Lehrpersonen sich darum gesorgt haben, dass man ihr Fach beherrscht und ihre Leidenschaft teilt – und sie zielten stets darauf, einen mit ihrer Leidenschaft „anzustecken“. Schülerinnen und Schüler merken, wenn Lehrpersonen Fürsorge zeigen, engagiert genug sind und über ausreichend Fähigkeiten verfügen, einen dazu zu bringen, die Herausforderungen und die Freude an ihrem Fach (ob das Sport ist, Musik, Geschichte, Mathematik oder Technik) zu genießen.

Die aktuellen Bildungsstandards verordnen von höchster Stelle Vereinfachungen

Das Abitur erledigt sich von selbst

Gemeinsam lernen? Nein danke. Heute gibt es mobiles Coaching und flexibles Kompetenzdesign.
Die Schule wird jetzt locker, kreativ und individuell. Klingt gut? In Wahrheit entsteht nur ein neues Zwangssystem.
Süddeutsche Zeitung, 10.02.2016, Gastbeitrag von Christoph Türcke

In frühkapitalistischer Zeit hatten die Beschäftigten Lebensmittel und Heizmaterial gefälligst selbst in die Fabrik mitzunehmen. Sie mussten auch selbst fürs Alter vorsorgen und Ärzte bezahlen. Erst lange gewerkschaftliche Kämpfe nahmen die Betriebe nach und nach in die Pflicht: für angemessene Ausstattung des Arbeitsplatzes, für Beteiligung an Alters- und Krankenversorgung, für Lohnfortzahlung bei Urlaub, Krankheit und bei Fortbildungen. All diese Verantwortlichkeiten stehen wieder zur Disposition, seit es jene kleinen Universalmaschinen gibt, die heute nahezu jeder in der Akten- oder Hosentasche mit sich führen kann.
Sie lassen sich in einem Firmengebäude genauso bedienen wie in der Privatwohnung. Wohn- und Arbeitsraum, Privat- und Berufssphäre, Freizeit und Arbeitszeit gehen wieder ineinander über. (…)

So läuft die flexibilisierte, deregulierte Arbeitswelt. Nur die Bildungswelt hinkt noch hinterher. Immer noch gibt es feste gemeinsame Unterrichtsräume und -zeiten, homogene Unterrichtsgruppen mit festem Fächerkanon und vorgegebenem Pensum. (…)

Schluss damit, fordert die neoliberale Bildungsideologie. Zeitgemäßer Unterricht orientiert sich an den persönlichen Interessen und am individuellen Tempo der Lernenden. Er braucht keine Lehrer, sondern Lernbegleiter, die überall zur Stelle sind, wo jemand mal nicht weiterkommt und spezielle Förderung nötig hat. Mobile Coaching-Teams, die den Umgang mit der neuen medialen Lernwelt einüben, in offenen Lernräumen, aber auch online beraten, sind das Gebot der Stunde. An die Stelle von Lehrplänen, die alle auf die Erlangung bestimmter Sach- und Fachkompetenzen verpflichten, tritt ein flexibles Kompetenzdesign. (…)

Bei den Kompetenzen stehen Soft Skills obenan. Sie sind schon in den Bildungsstandards der Kultusministerkonferenz für die Grundschule angelangt: „Anstelle von trägem Wissen, das die Schülerinnen und Schüler nur zur Beantwortung von eng begrenzten und bekannten Aufgabenstellungen nutzen können, soll vernetztes Wissen entwickelt werden.“ (…)

Im Obrigkeitsstaat beklagten sich die Schulbehörden regelmäßig über Schlendrian in den Schulen: Die Lehrer würden das vorgegebene Pensum nicht straff genug einpauken. Im neoliberalen Staat mobilisieren Lehrerverbände Proteste dagegen, dass die Schulpolitik mentale Elementartechniken aktiv herunterwirtschaftet; dass sie das drastische Sinken der Schreibfähigkeit durch Lückentexte kompensiert; dass sie den Notendurchschnitt durch die Begründungspflicht schlechter Noten in die Höhe treibt; dass sie die immer besser werdenden Noten als Beweis für ein ständig steigendes Bildungsniveau ausgibt und damit geradezu als Auftrag, die Abiturientenzahlen weiter zu erhöhen. Der Inhalt dieser Proteste prallt an den Schulbehörden und Ministern freilich ab. Sie nehmen darin kaum mehr als die Beschwerden von Standesvertretern wahr, die an veralteten Schulabschlüssen kleben, etwa dem Abitur. (…)
Aber inflationieren kann man das Abitur jetzt schon. Je höher eine Nation ihre Abiturientenzahlen treibt, desto besser steht sie im internationalen Bildungsranking da. (…)

Und so erledigt sich das Abitur mittelfristig von selbst. Alle spezifischen Schulformen lösen sich auf. An ihre Stelle wird über kurz oder lang eine neue Einheitsschule treten. Und in dieser neoliberalen Einheitsschule werden dann einfach alle, wie unterschiedlich auch ihre Bedürfnisse sein mögen, eingesperrt.

zum Artikel:  Süddeutsche Zeitung, Bildung, 10.02.2016, Gastbeitrag Christoph Türcke, Das Abitur erledigt sich von selbst


Der Philosoph Christoph Türcke wurde bekannt mit Veröffentlichtungen wie „Erregte Gesellschaft“ (2002), „Philosophie des Traums“ (2008) und „Mehr! Philosophie des Geldes“ (2015). Gerade erschienen ist sein neues Buch „Lehrerdämmerung. Was die neue Lernkultur in den Schulen anrichtet“ (siehe Bücherliste).

siehe auch zum Thema:
Pädagogik, Autoritärer Geist durch die Hintertür
Deutschlandradio Kultur, Beitrag vom 16.02.2016

Christoph Türcke im Gespräch mit Liane von Billerbeck

„Glaubensprojekt“ Gemeinschaftsschule

Wer´s glaubt, wird wuselig

Warum viele Lehrer an Gemeinschaftsschulen in Baden-Württemberg wenig von dieser Schulform halten – und das Gefühl haben, dass offene Kritik daran unerwünscht ist.
11.02.2016, Heike Schmoll, FAZ

Der Lehrer hat kapituliert vor der Disziplinlosigkeit seiner Schüler. Nach einem Nervenzusammenbruch im Unterricht ist er krankgeschrieben. Der ausgebildete und erfahrene Gymnasiallehrer mit drei Unterrichtsfächern war zuletzt an einer Gemeinschaftsschule in Baden-Württemberg eingesetzt. (…)

Alleine ist der Lehrer mit seinem Scheitern nicht, es gibt nicht wenige Kollegen, die sich in der neuen Schulform überfordert fühlen. „Ich bin doch kein Psychologe, kein Therapeut, kein Logopäde, kein Förderschullehrer, kein Horterzieher (…)“ berichtet er. (…)

Als „Lernbegleiter“, erzählt eine Hauptschullehrerin an einer Gemeinschaftsschule, unterrichte sie an ihrer Schule zwar die „alte Hauptschulklientel“, müsse nun aber in vier verschiedenen Niveaustufen (Gymnasial-, Realschul-, Hauptschul- und Förderschulniveau) Aufgaben bereitstellen, um alle Kinder gleich gut beim Lernen zu begleiten. „Diese Herkulesaufgabe ist aber aus meiner Sicht nicht zu bewerkstelligen“. Die Darstellung der Lehrerin gleicht den Erfahrungen der meisten Gemeinschaftsschullehrer, die mit dieser Zeitung über ihre Arbeit gesprochen haben. Allesamt Lehrer, die guten Willens und hoch motiviert sind, sich von den neuen Unterrichtsformen und dem Ganztagsbetrieb aber zermürbt fühlen. (…)

Der Tübinger Bildungswissenschaftler Thorsten Bohl, hat deshalb weniger Pflichtstunden (Deputat) und mehr Personal verlangt, „um Leistungsunterschiede abzubauen und die große Belastung der Lehrer zu senken“, was Kultusminister Andreas Storch (SPD) umgehend ablehnte, zumal die Gemeinschaftsschule schon über eine ungewöhnlich gute Ausstattung verfügt und bei der Lehrerzuweisung bevorzugt wird. (…)

Bedenklich stimmt, dass Kritik an der neuen Schulform vielerorts nicht geduldet wird. Lehrer, die das Konzept grundsätzlich kritisieren, fühlen sich als Nestbeschmutzer ausgegrenzt oder disziplinarrechtlich zum Schweigen gebracht. (…)

Viele Lehrer, die dieser Zeitung Auskunft gaben, fürchten aber um ihre Existenz, wenn sie an die Öffentlichkeit treten. Ihre Namen und Schulorte werden hier und im folgenden deshalb nicht genannt. Die Wahrhaftigkeit aller Erfahrungsberichte ist eidesstattlich versichert worden.

Ein Gymnasiallehrer an der Gemeinschaftsschule berichtet: „Ich selbst bin in fünf Fächern fachfremd im Unterricht, und es wird stets erwartet, trotzdem ein hohes Niveau anzubieten“.(…) Die beiden Fächer, die er studiert hat, darf er jedoch nicht unterrichten.

Eine Gymnasiallehrerin an der Gemeinschaftsschule berichtet, (…) an ihrer Schule sei fachfremder Unterricht „eine Selbstverständlichkeit“. Das werde damit begründet, „dass Grund- und Hauptschullehrer ja schon immer fachfremd unterrichtet haben“. (…)

In seiner siebten Klasse erreiche kein Gemeinschaftsschüler auch nur das mittlere, also das Realschulniveau, berichtet ein Lehrer.

Ein Gymnasiallehrer hat in seiner fünften Klasse probeweise die Lernstandserhebung in Deutsch schreiben lassen (…). 52 Prozent seiner Fünftklässler lagen bei der Lernstandserhebung unter dem erwarteten Niveau. Ihre Lesegeschwindigkeit bewegte sich auf dem niedrigsten Level, auch beim Leseverständnis erreichte der weitaus größte Teil der Schüler nur das unterste Niveau, nur eine Schülerin wies die Fähigkeiten auf, die in der fünften Klasse eigentlich erreicht sein müssen.

Das sind genau die Grundlagen, die für jeden späteren Abschluss zählen. Schließlich waren Schülern und Eltern doch in Hochglanzbroschüren bessere Lernergebnisse durch die Gemeinschaftsschule versprochen worden. Der Beweis dafür steht noch aus. (…)

zum Artikel:  FAZ, Bildungswelten, 11.02.2016, Heike Schmoll, Wer´s glaubt, wird wuselig