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HATTIE-STUDIE, Lernen sichtbar machen

Datum: 06.04.2015

visible learningDie Hattie-Studie “Visible Learning” ist eine wichtige Diskussionsgrundlage für die pädagogische Debatte. Hier finden Sie weiterführende Informationen und aktuelle Diskussionsbeiträge zu John Hatties Forschungsarbeiten.

Das Ziel dieser Webseite ist es, die frei verfügbaren Online-Informationen zur Hattie-Studie zusammenzustellen (Videos, Artikel in Fachzeitschriften, Primär- und Sekundärliteratur, Pressebeiträge) um den Lesern den Einstieg in das Thema zu erleichtern und ein tieferes Verständnis der Hattie-Studie zu ermöglichen.

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Machen wir Lernen sichtbar!

Diese Webseite bietet Informationen und Materialien rund um das Thema „Lernen sichtbar machen“.

Hattie-SeiteDatum: 06.04.2015

Es ermöglicht interessierten Personen, sich mit den aktuellen Forschungsergebnissen zu den Einflüssen auf Lernleistungen – auf den Stufen frühe Förderung bis Hochschule – auseinanderzusetzen. Akteure der Bildungspraxis und -politik werden bei der Entwicklung ihrer Konzepte und Strategien unterstützt, ihr Erfahrungswissen mit wissenschaftlichem Wissen zu kombinieren.

Das Kernteam, eine Kooperation der Pädagogischen Hochschule FHNW (Professur Wolfgang Beywl) und der Universität Oldenburg (Lehrstuhl Klaus Zierer) übersetzt, bearbeitet und ergänzt die Bücher von John Hattie zu Lernen sichtbar machen. Es entwickelt gemeinsam mit Kooperations- und Förderpartnern diese Webseite als Begleitangebot.

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„Es muss unterschiedliche Wege geben“

Datum:   30.03.2015
Inklusion: „Da gibt es Grenzen des Zumutbaren“
von Bernadette Bayrhammer, Die Presse, Wien
Die gemeinsame Beschulung von Kindern mit und ohne Behinderung sei ein gutes Anliegen, sagt Prof. Dr. Bernd Ahrbeck vom Institut für Rehabilitationswissenschaft der Humboldt Universität zu Berlin – trotzdem sollten Förderschulen nicht abgeschafft werden.

(…) Wo wäre denn die Grenze, was die Integration von Kindern mit Behinderung angeht?
Es gibt zwei kritische Punkte: wenn das behinderte Kind dort nicht gut zurechtkommt, also schlechter als in einer speziellen Einrichtung. Oder wenn die gesamte Klassengemeinschaft von der gemeinsamen Beschulung massive Nachteile hat, etwa bei Kindern, die verhaltensgestört oder gewalttätig sind. Da gibt es Grenzen des Zumutbaren.

Es wird viel darüber gestritten, ob es Sonderschulen überhaupt noch geben soll. In der UN-Menschenrechtskonvention ist die Rede von der vollständigen Integration.
Die UN-Konvention ist da ziemlich offen, sie lässt verschiedene Interpretationen zu. Zum einen wird das Recht auf eine allgemeine Schule betont. Zum anderen geht es darum, dass Kinder das höchstmögliche Maß an Förderung bekommen sollen und dass Besonderes nicht negativ diskriminierend angesehen werden darf.

Und das bedeutet Ihrer Meinung nach?
Es muss unterschiedliche Wege geben. Kinder, die die Gebärdensprache brauchen, müssen untereinander sein, damit sie kommunizieren können. Wenn nicht, ist ihr Kommunikationssystem nur begrenzt zugänglich, und sie haben erhebliche Nachteile davon. Was ist, wenn etwa Kinder mit schweren Verhaltensstörungen spezielle intensivpädagogische Settings brauchen, um zurechtzukommen und letztlich einen Gewinn und nicht einen großen Nachteil von Schule zu haben?

Sie sagen: Wenn es nur noch Inklusion gibt, richtet man potenziell Schaden an.
Wenn man sagt, die gemeinsame Beschulung aller Kinder sei ein unumstößliches Menschenrecht, das für jeden zwingend gelten muss, dann spielt die Empirie und die Lebensrealität keine Rolle mehr. Dann gibt es nur eine Antwort, nämlich unbedingt Gemeinsamkeit. Und das halte ich für grundlegend falsch. Die Frage ist doch: Was bewirkt Schule bei Schülern? Und hier muss man die unterschiedlichen und zum Teil auch widersprüchlichen empirischen Befunde zur Kenntnis nehmen. Sonst wird die Inklusion zu einem moralischen Unternehmen, bei dem das Kindeswohl im konkreten Fall an zweiter Stelle steht. (…)

zum Artikel:  Die Presse, Wien, 27.03.2015, Bernadette Bayrhammer, Inklusion: „Da gibt es Grenzen des Zumutbaren“

siehe auch:  Bildungsklick, 18.05.2012, Interview mit Prof. Dr. Bernd Ahrbeck, Inklusive Bildung,  „Ich glaube nicht, dass der inklusive Weg immer der richtige ist“

„Education for industry and modern society“

Datum:  30.03.2015
Finnland schafft Schulfächer ab

Für Jahre war Finnland gleichbedeutend mit einem erfolgreichen Erziehungssystem und es war im Ranking (PISA) an den oberen Plätzen mit anderen Ländern in Bezug auf Lesen, Schreiben und mathematischen Kenntnissen.
Politiker und Bildungsexperten aus aller Welt sind nach Helsinki gepilgert, in der Hoffnung, dass sie dort das Geheimnis des Erfolgs herausbekommen und in den eigenen Ländern wiederholen könnten.
Finnland ist im Begriff, eine der radikalsten Bildungsreformprogramme durchzuführen, die jemals vorgenommen wurden. Es wird das traditionelle Unterrichten von Unterrichtsfächern aufgegeben zu Gunsten von sogenannten Themenbereichen.
Was wir brauchen, ist eine andere Art von Bildung, um die Menschen auf die Arbeitswelt vorzubereiten. Wir müssen die Bildung dahingehend ändern, was notwendig ist für die Industrie und die moderne Gesellschaft, sagt Pasi Silander (city´s development manager).
Fächerspezifische Unterrichtsstunden gibt es bereits heute nicht mehr für die Schüler in den höheren Schulen der Stadt, statt dessen gibt es themenbezogenes Unterrichten („phenomenon“ teaching or teaching by topic). Bis 2020 soll in ganz Finnland die Reform umgesetzt sein.

Der Vorschulsektor ist inzwischen auch dabei, den Wechsel durch ein innovatives Projekt, das „Playful Learning Center“ PLC, vorzunehmen. Das PLC ist in Verhandlung mit der Computerspiele-Industrie, über die Frage, wie man jüngere Kinder an spielerisches Lernen mit Hilfe des Computers heranführen könnte. Director of the PLC-Project, Olavi Mentanen: Wir möchten gerne Finnland zum Führungsland machen.

Sollen Schüler für die Schule lernen oder fürs Leben? Natürlich fürs Leben. Aber was ist dieses „Leben“? Besteht es in erster Linie aus der Optimierung der eigenen materiellen Verhältnisse?

zum Artikel:  The Independent, UK, 20.03.2015, Richard Garner, Finland schools: Subjects scrapped and replaced with ‚topics‘ as country reforms its education system

zu weiterem Artikel:  Wirtschafts Woche , 23.03.2015, Ferdinand Knauß, Das traurige Ende der nutzlosen Bildung, Finnland schafft Schulfächer ab

siehe auch Artikel: Finnland streicht die elementare Kulturtechnik der Schreibschrift

Abrissprogramm von bewährten Standards der Schule

Datum:  29.03.2015
Die Schule geschafft, aber der Arbeitswelt nicht gewachsen
von Gerd Held

(…) Seit Jahren sollen „unnötige Härten“ vermieden werden: keine Grundregeln beim Schreiben, keine schriftlichen Prüfungen, kein Sitzenbleiben. Mit der wahren Arbeitswelt sind Jugendliche so überfordert. Ein zunehmender Teil der Schulabgänger bringt nicht mehr die Voraussetzungen mit, um eine Berufsausbildung zu machen.
Was hat sich geändert? In den Schulen haben massive Eingriffe in bewährte Standards stattgefunden. Am folgenreichsten war wohl eine Umdefinition der Bildungsgüter: An die Stelle von „totem“ Wissen sollte die Vermittlung von sogenannten Kompetenzen treten. Die Schüler sollten keine festen Fachkenntnisse mehr lernen, sondern Verfahren, mit denen angeblich jede Aufgabe gelöst werden könnte – und das ein Leben lang, denn mit ihnen sollte man auch alles zukünftig Neue erfassen können.
Damit begann ein Abrissprogramm, das sich gegen alles richtete, was nun als „unnötige Härte“ erschien: gegen die Zwänge eines bestimmten Stoffes oder Fachgebiets, gegen das mühsame Erarbeiten des Wortschatzes einer Sprache, der Gesetze und Gliederungen der Natur, der Geografie eines Landes, der Eigenart einer Geschichtsepoche oder eines literarischen Werks, gegen das Üben in Sport, Musik oder Kunst, gegen das Auswendiglernen von Texten, sogar gegen die Beachtung von Grundregeln beim Schreiben und Rechnen, gegen schriftliche Prüfungsarbeiten, Noten, Sitzenbleiben, Jahrgangsklassen, Schulstufen.
Alles steht zur Disposition. (…)

zum Artikel:  Die Welt, 26.03.2015, Gerd Held, Die Schule geschafft, aber der Arbeitswelt nicht gewachsen

„Es müsste den Aufschrei der Eltern geben“

Datum:  25.03.2015
DL-Präsident Josef Kraus im Interview mit Nana Brink im Deutschlandradio Kultur
„Aus Lehrplänen sind „Leerpläne“ geworden“
(…)
Brink: In Berlin zum Beispiel soll der Geschichtsunterricht in der fünften und sechsten Klasse gemeinsam mit anderen Fächern gelehrt werden. Warum macht man das?
Kraus: Ich vermute mal, weil man Stunden sparen will und weil man vielleicht auch Lehrer sparen will. Ich halte gerade das Fach Geschichte für ein unglaublich wichtiges Fach, weil es sehr viel mit historischer und letztendlich auch mit politischer Mündigkeit zu tun hat. Wenn man dieses Fach vereinigt mit Gemeinschaftslehre, mit Politik, mit Geografie, wie wir das in manchen Bundesländern haben, dann ist das der absolut falsche Weg. Wenn junge Leute nichts mehr wissen etwa aus der jüngeren Geschichte, der Nachkriegsgeschichte oder der ganzen Geschichte des 20. Jahrhunderts, dann sind sie letztlich auch politisch nicht mündig, dann sind sie nicht kommunikativ. Dann können sie eine Fernsehmagazinsendung kaum verfolgen, dann können sie in einer Diskussionsrunde sich nicht beteiligen, wenn es um die Aufarbeitung etwa deutscher Geschichte geht. Ich möchte, dass unsere jungen Leute schon auch konkrete Jahreszahlen, konkrete Namen, konkrete Epochenbegriffe im Kunstbereich und im rein geschichtlich-politischen Bereich kennen. Leider haben wir mittlerweile in Deutschland Lehrpläne – ich sag noch mal, man kann sie mittlerweile mit Zweifach-E schreiben –, Geschichtslehrpläne, in denen so was überhaupt nicht mehr vorkommt.
Brink: Also muss es dann doch noch dazu kommen wie bei uns noch? Ich kann mich noch gut erinnern, dass uns ja eingebimst worden ist, also irgendwie 30-jähriger Krieg, von wann war der, wann hörte der auf, was ist da passiert – also doch wieder dieses Abfragen von Fakten?
Kraus: Das sind einfach Orientierungspunkte. Das ist ein Geländer für das eigene historische Bewusstsein. Wenn ich nicht weiß, wann die Weimarer Republik war und was dort die Probleme waren und was Hitler möglich gemacht hat, dann kann ich heute zum Beispiel auch nicht darüber diskutieren und die Gefahren erkennen, die sich möglicherweise durch extremistische Strömungen ergeben. Da muss man Namen kennen, da muss man auch Jahreszahlen kennen, und da bedarf es schon auch etwas des Fleißes, sich bestimmte Dinge zu merken und einzuprägen. Das überholt sich ja nicht. Die hohe Schulpolitik ist immer ein bisschen geprägt von dem Spruch, ja, das Wissen überholt sich immer schneller, wir haben heutzutage Halbwertszeiten des Wissens von nur noch drei Jahren. Gut, das mag in bestimmten Fachgebieten, der Computertechnik und so weiter gelten, aber im Bereich Literatur, Kunst, naturwissenschaftliche Phänomene, Geschichte haben wir ein Wissen von einer unendlichen Halbwertszeit.
Brink: Warum gibt es keinen Aufschrei der Lehrer, also der Geschichtslehrer oder der Kunstlehrer?
Kraus: Den Aufschrei gibt es, aber die sind natürlich zahlenmäßig nicht so wahrnehmbar. Und es gibt leider keinen Aufschrei der Eltern. Wir haben in Deutschland 800.000 Lehrer, aber wir haben die Eltern von elf Millionen Schülern. Es müsste den Aufschrei der Eltern geben. Ich glaube, dass der bei den Politikern wirksamer wäre. Aber da haben wir natürlich in der Elternschaft auch solche und solche, welche, denen es ganz recht ist, wenn die Kinder geschont werden und wenn nicht, wie Sie gesagt haben, etwas gebimst wird. (…)

zum Artikel:  Deutscher Lehrerverband, 24.03.2015, DL-Präsident Josef Kraus im Interview mit Nana Brink, „Aus Lehrplänen sind „Leerpläne“ geworden“