Archiv der Kategorie: Schulpolitik-Bundesländer

Kultusministerium argumentiert nicht in der Sache zur Gemeinschaftssschule

Kultusminister Andreas Stoch verklagt die FAZ

02. 09. 2015,  Andreas Müller

Kultusminister Stoch zieht gegen die „Frankfurter Allgemeine“ vor Gericht. Deren Behauptung, sein Haus halte ein „vernichtendes Gutachten“ zur Gemeinschaftsschule unter Verschluss, will er sich nicht gefallen lassen. Die Zeitung sieht keinen Grund für einen Widerruf.  (…)

Unter der Überschrift „Schwäbisches Himmelfahrtskommando“ berichtete Heike Schmoll (FAZ)  [siehe Artikel weiter unten] über ein angeblich „vernichtendes Gutachten“ zur Gemeinschaftsschule. Einer der Vorzeigeschulen, der Geschwister-Scholl-Schule in Tübingen, hätten mit der Begleitforschung beauftragte Wissenschaftler denkbar schlechte Noten ausgestellt. Ob selbstständiges Lernen, Inklusion von Behinderten oder Bewertung der Schüler – an allen Ecken und Enden hapere es. Das grün-rote Lieblingsprojekt, so Schmolls Fazit, sei ziemlich unausgegoren.  (…)

Nicht an dieser – von Stoch und den Wissenschaftlern prompt relativierten – Bewertung entzündet sich nun der Streit, sondern an einem anderen Satz. Das Gutachten, behauptete die Autorin, werde „vom Kultusministerium bisher unter Verschluss gehalten.“ (…)

Laut FAZ fordert Kultusminister Stoch zudem eine Unterlassungserklärung, wonach die Behauptung nicht wiederholt werden dürfe.
Die Antwort aus Frankfurt war eindeutig. „Wir haben sämtliche geltend gemachte Ansprüche zurückgewiesen, da diese aus unserer Sicht nicht bestehen“  (…)

zum Artikel:  Stuttgarter-Zeitung, 02.09.2015, Andreas Müller, Kultusminister Andreas Stoch verklagt die FAZ


„Der Skandal besteht nicht darin, dass das Gutachten herausgekommen ist, sondern was herausgekommen ist“.

siehe Artikel:  Gemeinschaftsschule: “…den Beleg für die politischen Verheißungen bisher schuldig geblieben”

Gutachten: Beteiligte Wissenschaftler melden sich zu Wort

Gutachten zur Gemeinschaftsschule

Nach den Berichten um das negativ ausgefallene Gutachten zur Tübinger Geschwister-Scholl-Gemeinschaftsschule haben sich jetzt beteiligte Wissenschaftler zu Wort gemeldet.

zum Artikel:   Richtigstellung zum Artikel „Schwäbisches Himmelfahrtskommando“ in der FAZ vom 16.08.2015, durch das Forschungsprojekt „Wissenschaftliche Begleitung der Gemeinschaftsschulen Baden-Württemberg (WissGEm)“


Zu den Inhalten des Gutachtens, welches der Tübinger Schule, wie berichtet, unter anderem Ineffektivität bescheinigt hat, nahmen die vier unterzeichnenden Professoren keine Stellung. Sie verwahren sich aber dagegen, dass „ein solcher Bericht, der den Entwicklungsstand einer einzelnen Schule darstellt“, exemplarisch für die Praxis der 271 Gemeinschaftsschulen im Land interpretiert werden könne.

Gemeinschaftsschule: „…den Beleg für die politischen Verheißungen bisher schuldig geblieben“

Gemeinschaftsschule „Damit werden die Schüler betrogen“

Die Diskussion um Sinn oder Unsinn der Gemeinschaftsschule verschärft sich: Der Kölner Bildungsforscher und Pisa-Kritiker Matthias Burchardt wirft der Landesregierung massive Fehler vor.
27.08.2015, Frank Krause

Herr Burchardt, es hat zuletzt viel Wirbel um die Gemeinschaftsschule Tübingen gegeben, von der ein Gutachten besagt, dass sie längst nicht das bringt, was sich Grün-Rot von ihr erhofft. Wie schätzen Sie das ein?
Das Gutachten ist für erfahrene Lehrer und nachdenkliche Wissenschaftler keine besonders große Überraschung. Aber es ist hilfreich, dass mit den Mitteln der empirischen Sozialforschung, also mit der Beobachtung durch Wissenschaftler vor Ort, nachgewiesen wird, dass bestimmte pädagogische Maßnahmen nicht so funktionieren, wie es der Öffentlichkeit versprochen wurde. (…)

Der Schulleiter hat die Kritik an dem Projekt Gemeinschaftsschule vehement zurückgewiesen, auch Kultusminister Stoch verwahrt sich gegen Vorwürfe. Wie ist Ihre Einschätzung?
Man muss genau schauen, was von den Erkenntnissen des Gutachtens nur die Situation in Tübingen betrifft, da sage ich ganz klar: Wer etwas Neues probiert, darf Fehler machen. Man kann aber auch sehen, welche grundsätzlichen Probleme es in dieser neuen Unterrichtsform gibt, was also zwangsläufig auch an anderen Gemeinschaftsschulen zu Problemen führen muss. Insofern halte ich aktuell die Strategie der Kultuspolitiker für fahrlässig, die Kritiker anzugreifen. Der Skandal besteht nicht darin, dass das Gutachten herausgekommen ist, sondern was herausgekommen ist.

Was ist aus Ihrer Sicht das zentrale Ergebnis?
Das Scheitern der neuen Lernkultur.

Im Klartext?
Lehrer und Schüler sind vielfach mit den neuen Lernformen überfordert. In dem Gutachten wird zum Beispiel geschildert, wie die Schüler weitgehend damit beschäftigt sind, Lernpakete abzuarbeiten. Das sind also kopierte Zettel oder Aufgaben, die man selbstständig und ohne Lehrer oder einen Mitschüler erledigt, das Ganze idealerweise in hohem Tempo. Die uns allen aus der eigenen Schulzeit vertraute Klassensituation, bei der ein Lehrer vorne steht und den Schülern etwas erklärt oder mit ihnen diskutiertet, so dass eine Gemeinschaftssituation entsteht, bildet nicht mehr den Kern des pädagogischen Handelns. Stattdessen ist jeder Schüler im Lernen isoliert. Der Lehrer kontrolliert nur, wie viele Aufgabenpakete erledigt wurden, aber nicht, was tatsächlich gelernt worden ist. Das Gutachten zeigt, dass die Lehrer es nicht mal geschafft haben, die inhaltlichen Fehler in den Lernpaketen zu korrigieren. Der Schüler weiß also nicht, ob er es richtig oder falsch gemacht hat.

Was ist die Konsequenz?
Aus meiner Sicht müsste dieser Irrweg unverzüglich aufgegeben werden. Das Gutachten schlägt dagegen vor, den Einsatz der neuen Lernkultur noch mehr zu verstärken. Aber es darf doch nicht darum gehen, mit allen Mitteln eine neue Methode zum Erfolg zu bringen, sondern den Kindern muss zum Erfolg verholfen werden. Das schafft man auf den bewährten Wegen des Schulsystems mit Sicherheit besser als auf diesen Pfaden in einer Gemeinschaftsschule. Die Politik müsste eingestehen, dass dieses System gescheitert ist und man zur traditionellen Form der Pädagogik zurückkehren muss. (…)

Was würden Sie als Eltern tun?
Ich wäre skeptisch gegenüber dem politischen Versprechen, dass die Gemeinschaftsschule das allein selig Machende ist. Allein die Tristesse des isolierten Arbeitens halte ich nicht für ein glückliches Schulklima. Ich würde mir deshalb als Eltern zweimal überlegen, ob ich mein Kind einem solch kalten System anvertraue, das den Beleg für seine politischen Verheißungen bislang schuldig geblieben ist.

zum Artikel:  Stuttgarter Nachrichten, 27.08.2015, Frank Krause, Gemeinschaftsschule „Damit werden die Schüler betrogen“

„Vernichtendes Gutachten über Gemeinschaftsschule“ in BW

Studie zur Gemeinschaftsschule
Schwäbisches Himmelfahrtskommando

Ein Gutachten stellt dem Vorzeigeprojekt Gemeinschaftsschule ein vernichtendes Urteil aus. Vor allem das individuelle Lernen erweise sich als denkbar ineffektiv.
16.08.2015, Heike Schmoll, Berlin

Die Gemeinschaftsschule ist das Vorzeigeprojekt der grün-roten Landesregierung in Stuttgart schlechthin. Sie soll nicht nur das gemeinsame Lernen ganz unterschiedlich begabter Schüler ermöglichen, sondern dient angesichts der sinkenden Schülerzahlen an vielen Orten des Flächenlandes Baden-Württemberg dazu, den Schulstandort zu sichern. Viele Gemeinschaftsschulen finden sich deshalb im ländlichen Raum, ganz gleich, welche Partei den Gemeinderat gerade regiert.
Nun wurde ein vernichtendes Gutachten über die Gemeinschaftsschule bekannt, das vom Kultusministerium bisher unter Verschluss gehalten wird, den Vermerk „nur intern verwenden“ trägt und der Frankfurter Allgemeinen Zeitung vorliegt. Danach gelingt weder die neue Unterrichtsform des selbständigen Lernens mit Lehrern als Lernbegleitern noch die Inklusion oder die besondere Förderung der Schwächsten und Stärksten. Auch die Leistungsbeurteilung ist mehr als fragwürdig. In den Fremdsprachen kommt das Sprechen zu kurz. (…)

Selbst einer der entschiedensten Befürworter aus der Bildungsforschung, der Tübinger Erziehungswissenschaftler Thorsten Bohl, kritisiert inzwischen, dass die Gemeinschaftsschule nicht gut aufgestellt sei. Es gebe überhaupt noch keine Forschungen zum individuellen Lernen und nicht einmal einheitliches Unterrichtsmaterial. Die Gemeinschaftsschule gehört also zu den bildungspolitischen Himmelfahrtskommandos, die überstürzt eingeführt wurden. (…)

Mitarbeiter des Lehrstuhls Bohl haben im Rahmen einer alltagsnahen Begleitforschung (in einer zweiten Tranche soll eine Längsschnittbefragung folgen) jetzt die Arbeit der Tübinger Vorzeigeschule unter die Lupe genommen. Sie haben eine Inklusionsklasse mit 19 Schülern und eine weitere Lerngruppe mit 26 Schülern untersucht. Ausgerechnet das individuelle Lernen, das in der Gemeinschaftsschule bei den Kernfächern in zwei der vier Wochenstunden praktiziert werden soll, aber auch im Wahlpflichtbereich viel Raum einnimmt, hat sich als denkbar ineffektiv erwiesen. In Englisch, Deutsch und Mathematik arbeiten die Schüler an der Geschwister-Scholl-Schule ausschließlich ihre sogenannten Lernpakete ab, das sind Wochenarbeitspläne mit einem konkreten Pensum, das bis zu einem bestimmten Zeitpunkt erledigt sein muss. Offenbar werden dafür auch Unterrichtsstunden genutzt, die eigentlich gar nicht für das individuelle Arbeiten vorgesehen waren. Sie machen sich weder Gedanken über ihre Arbeitsstrategie, noch nehmen sie sich ein konkretes Pensum vor. Auch die Lehrer unterstützen in den Arbeitsphasen wenig. (…)

Während leistungsstärkere Schüler mit der Selbständigkeit gut umgehen können und auch Lernstrategien beherrschen, geraten die schwächeren noch mehr ins Hintertreffen als ohnehin schon. Den Lehrern fehlt der Überblick, welcher Schüler woran arbeitet, welche Fortschritte er macht und die Kontrolle der Ergebnisse kommt zu kurz. Wenn überhaupt, schauen die Lehrer nach Vollständigkeit, Orthographie, Grammatik und Seitenzahl, während „die inhaltliche Qualität der Schülerarbeiten hintangestellt wurde“. Und das an einer Schule, die derlei Lernmodelle schon seit langem praktiziert?

Fragwürdig ist in den Augen der Forscher auch die in Tübingen praktizierte Leistungsmessung. Schüler, deren Gesamtergebnis in der Klassenarbeit unter 40 Prozent liegt, können die Klassenarbeit in neu konzipierter Form wiederholen und das Ergebnis der schlechten Arbeit ersetzen. Doch eigentlich verbietet die Notenbildungsverordnung, dass bereits benotete Leistungsergebnisse gestrichen oder ersetzt werden. So müssten also beide Noten in die Gesamtbewertung einfließen. Hinzu kommt, dass die Benotung in unterschiedlichen Niveaustufen nach Angaben der Forscher zu wenig individuell ist und sich mit den Anforderungen der Bildungsstandards für die drei Schularten Gymnasium, Realschule, Hauptschule nicht deckt. Es wird auf diese Weise zwar annähernd ein Leistungsstand in einem Fach in der Bewertung abgebildet, aber keine Lernentwicklung. (…)

Positiv wird notiert, dass die Eltern einbezogen werden und das Kollegium motiviert und kritikfähig sei.

zum Artikel:  FAZ, 16.08.2015, Heike Schmoll, Studie zur Gemeinschaftsschule, Schwäbisches Himmelfahrtskommando

siehe auch:   Stuttgarter Zeitung, 17. 08. 2015, Renate Allgöwer, Gutachten für Tübinger Gemeinschaftsschule – Schlechte Noten für Gemeinschaftsschule


Die Geschwister-Scholl-Schule in Tübingen ist eine von insgesamt zehn Gemeinschaftsschulen, die von der Universität Tübingen und den Pädagogischen Hochschulen Freiburg, Heidelberg und Weingarten seit dem Jahr 2013 begleitet werden. Der Abschlussbericht mit Grundsatzaussagen zu der neuen Schulart wird im Januar 2016 erwartet. Jede der zehn Starterschulen hat im November einen schulspezifischen Zwischenbericht erhalten. Bekannt wurde jetzt der Bericht der Geschwister-Scholl-Schule. Im Schulamt gilt sie als Vorzeigeeinrichtung. Es gibt im gesamten Bundesland z.Z. 271 Gemeinschaftsschulen.

„Von Gerechtigkeitsidealen und Aufstiegsphrasen beherrschte Schulpolitik“

Datum:  03.06.2015
Zur Lage der Bildung (1) – Abiturienten, bis es kracht!
von Jürgen Kaube

Noch nie war der Ansturm aufs Gymnasium so massiv wie heute. Die Folgen für Eltern, Schüler und Lehrer sind zermürbend – und die Politik weiß es besser.

Am Montag hatte die Bundeskanzlerin in Berlin zum Dialog eingeladen. Oberste Priorität hatten im Bürgergespräch die gewählten Themen:  Soziale Sicherheit, Gesundheit, Bildung.  Zwei Fragen wurden zum Zustand der Bildung gestellt.

(…) Ist es zu kritisch, wenn man das Ergebnis dieses Bürgerdialogs so zusammenfasst: Zu Bildung fällt uns nicht viel ein? Genauer: Wir finden sie irgendwie sehr wichtig, gleich nach Gesundheit, wir finden überdies, dass sie irgendwie noch viel wichtiger genommen werden müsste, aber wenn wir sagen sollen, was das denn hieße, dann sagen wir, was wir sowieso immer sagen, dass nämlich irgendwie mehr Geld hermüsste? Und dass Bildung natürlich leider Ländersache ist, dass also gerade dort über sie entschieden wird, wo das Geld fehlt.
Was in Berlin nicht zur Sprache kam, ist beispielsweise, dass das Schulsystem in Deutschland derzeit von unten aufgerollt wird. Erst, so ist die Tendenz, der inzwischen so gut wie alle Parteien folgen und jedenfalls kaum ein Bildungspolitiker scharf entgegentritt, legt man Haupt- und Realschulen zusammen, dann schafft man die Förderschulen ab und nimmt das Gymnasium ins Visier, um schließlich die integrierte Gesamtschule für eine Schulform zu halten, die alle anderen Schulformen ersetzen könne. In Niedersachsen steht es so schon im Gesetz, über analoge Absichten der nordrhein-westfälischen Schulpolitik sollte sich niemand hinwegtäuschen, von Berlin wollen wir besser schweigen, und in Schleswig-Holstein verfolgt man seit einiger Zeit ohnehin eine Lehrerausbildung, die keinen Unterschied mehr zwischen den Schulformen machen will. (…)

Das alles ist getragen von einem entschiedenen Willen, die alte Forderung „Bildung für alle“ auf dem Wege einer einheitlichen Verteilung der Abschlüsse zu verwirklichen.

Lange schon versuchen endlose Kataloge von „Kompetenzen“, die angeblich erworben und jedenfalls gefordert werden, darüber hinwegzutäuschen, was alles nicht mehr verlangt wird, von der Schreibschrift über die Rechtschreibung bis zur Kenntnis ganzer Bücher (stattdessen: Auszüge) oder älterer Vokabulare (stattdessen: Übersetzung von Droste-Hülshoff ins Tagesschau-Deutsch). Und warum wird es nicht mehr verlangt? Nicht weil es unsinnig wäre, sondern weil es Mühe macht und vermeintlich exklusive Folgen hat. Nicht alle sollen alles gleich gut können? Da sei die Schulpolitik vor. (…)

Schulpolitik erfolgt nicht, weil sich nachweisen ließe, dass sie den Unterricht verbessert, sondern insofern sie wertvoll aussieht.

Die Zahl derjenigen, die bei den Pisa-Tests das niedrigste Leistungsniveau nicht erreichte, ist deutlich höher als diejenige der Schüler ohne Abschluss. Zu Bildung fällt uns also vielleicht auch deswegen so wenig ein, weil ihr Sinn sich inzwischen oft ganz darin erschöpft, dass jemand ein Zertifikat vorweisen kann. Die Stimmen aus den Unternehmen, Verwaltungen und Hochschulen, die mitteilen, dass man dort immer weniger auf Abschlusszeugnisse gibt, bleiben unbeachtet .(…)

Womöglich ist es gerade eine von Gerechtigkeitsidealen und Aufstiegsphrasen beherrschte Schulpolitik, die den Übergang zu mehr sozialer Ungleichheit und rücksichtsloser Konkurrenz im Streben nach Abschlüssen herbeiführen wird, als sie sich albträumen lässt. Und vieles davon wird dann nur geschehen sein, weil ironischerweise ausgerechnet die Bildungspolitik meistens auf eine Weise vorgeht, die dem Begriff der Bildung widerspricht: undurchdacht.


Das Schulforum-Berlin wird über die weiteren Texte in der FAZ  „Zur Lage der Bildung“ berichten.

Die Rechtschreibdefizite der Schüler sind nicht zufällig!

Datum:  11.03.2015
Mangelnde Bildung
Rechtschreibung lehren!
Ein Kommentar von Heike Schmoll.

„Die fatale Entwicklung begann bereits in den siebziger Jahren.  (…) Von den deutschen Bundesländern ist Mecklenburg-Vorpommern nicht das einzige Land, das immer mehr Grundschüler trotz massiver Rechtschreibdefizite in weiterführende Schulen entlässt. Es gibt inzwischen kaum noch ein Bundesland, das seine Grundschüler Diktate schreiben lässt.“ (…)

Die Bildungsstandards für die Grundschule wurden 2011 Bundesland übergreifend getestet. Die Kultusminister haben ein aussagefähiges Ergebnis zur Rechtschreibfähigkeit erfindungsreich vermieden. Der Gesamtbefund ist so nichtssagend wie politisch gewünscht.

„Ungetrübt von irgendeiner empirischen Forschung können die Propheten unter den sogenannten Bildungsfachleuten so bizarre Thesen verbreiten wie diese: „Jedes Kind ist hochbegabt.“ Das kommt besonders gut an, weil dann eben alle hochbegabt sind. Der Erfolg der Bildungsgurus müsste die Kultusminister zutiefst beunruhigen, weil er ein Indiz für eine dumpfe Wissenschaftsfeindlichkeit ist, die sich ausbreitet. Ein vernünftiges Maß an empirischen Kenntnissen über die Schulwirklichkeit und vor allem das Können der Schüler ist dringend nötig.“ (…)

Halten wir fest: Die Rechtschreibdefizite der Schüler sind nicht zufällig!

zum Artikel:   FAZ, Politik, 11.03.2015, Heike Schmoll, Rechtschreibung lehren!
siehe auch: FAZ, 08.07.2014, Heike Schmoll, Unsere Kinder verlernen das Schreiben