Schulisches Lernen gleitet ab in „Teaching to the test“.

Datum:  22.06.2015
Das große Zerstörungswerk der OECD

Mit Pisa und anderen sogenannten Qualitätsstudien ruiniert die OECD weltweit historisch gewachsene Bildungssysteme. Dahinter steht ein höchst fragwürdiges Menschenbild, schreibt der Erziehungswissenschaftler Beat Kissling in einem Gastbeitrag in der Wirtschaftswoche vom 13.10.2014.

Seit 14 Jahren haben sich viele europäische Staaten von der OECD in die sogenannten Pisa-Studien einbinden lassen. Sie produzieren alle drei Jahre Ranglisten der getesteten Schüler beziehungsweise der Länder, in denen sie unterrichtet werden. Weltweit hat sich die Zahl der mitmachenden Staaten innerhalb weniger Jahre mehr als verdoppelt, Tendenz rasch steigend.

Die Wirtschaftsorganisation etabliert sich somit global als alleiniger Schiedsrichter für die Beurteilung nationaler Bildungssysteme. Doch mit welcher Legitimation? Es ist schwer nachzuvollziehen, wieso Länder mit gänzlich unterschiedlichen Bildungstraditionen und -systemen sich auf diesen uniformierenden, angelsächsisch orientierten Test- und Rankingfetischismus haben ‚einspuren’ lassen, der dem europäischen Bildungsverständnis vor 2000 gänzlich fremd war. Viele Länder mit ausgezeichnet funktionierenden Bildungssystemen, zum Beispiel die Schweiz, taten das ohne jegliche Notwendigkeit. (…)

Endlich durchbrach nun am 6. Mai 2014 in der englischen Tageszeitung The Guardian ein ‚offener Brief’ an den OECD-Verantwortlichen für Pisa, Andreas Schleicher, mit dem Titel „OECD and Pisa tests are damaging education worldwide“ das unwürdige Schweigen – unterschrieben von über 150 Universitätsdozenten aus aller Welt.

Die deutsche Version wurde inzwischen von rund 3000 in der Bildung engagierten Personen unterzeichnet. Verfasst wurde der Brief von Heinz-Dieter Meyer, Professor an der State University of New York und Katie Zahedi, Schulleiterin in New York. Zu den zentralen Anliegen gehört die Veranschaulichung der enormen Verengung und Verarmung der Bildung durch eine uniforme, standardisierte Testkultur (Pisa).

Um alle an denselben OECD-Standards messen zu können, so schreiben sie, ignoriere man historisch gewachsene und kulturell verwobene Besonderheiten unterschiedlicher staatlicher Bildungswesen. Somit werde in Kauf genommen, dass die identitätsstiftende und persönlichkeitsbildende Aufgabe der öffentlichen Schulen in einem Land zugunsten der OECD-Standards banalisiert wird. (…)

zum Artikel:   Wirtschaftswoche, Gastbeitrag Bildungskatastrophe, 13.10.2014, Beat Kissling, Das große Zerstörungswerk der OECD

zum offenen Brief:  An den OECD-Verantwortlichen für Pisa, Andreas Schleicher: „OECD and Pisa tests are damaging education worldwide“